Gewerbesteuer-Debatte:Wann Steuern schmerzhaft werden

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Tölz plant, die Gewerbesteuer zu erhöhen, die Unternehmen stört's, doch darüber diskutieren wollen sie nicht.

Suse Bucher-Pinell

Unternehmer und Gewerbetreibende, sie hätten Kämmerer, Bürgermeister und Wirtschaftsförderer ordentlich die Meinung sagen können zur geplanten Gewerbesteuer-Erhöhung von 340 auf 380 Prozentpunkte. Doch zur Podiumsdiskussion der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG) am Donnerstagabend kam gerade mal ein Dutzend Interessierter, darunter kaum Unternehmer, obwohl Organisator Bodo Dreisbach sie alle eingeladen hatte. "So bedrohlich kann die Gewerbesteuererhöhung für die Unternehmen nicht sein", folgerte er.

Einzig Peter Wiedemann, Geschäftsführer des gleichnamigen Parfümerie-Filialisten, schimpfte über die Erhöhung. Bei stagnierenden Umsätzen müsse er überlegen, wo er sparen könne. Es wird das Sponsoring treffen. "Derzeit haben wir einen fixen Betrag dafür, der würde sinken." Statt einer Gewerbesteuererhöhung sieht Wiedemann städtisches Einsparpotential bei den Ausgaben für Tourismus: "Die sind deutlich höher als früher, und der durch Tourismus erzielte Umsatz ist deutlich niedriger."

Auf SZ-Nachfrage betrachtet auch Simon Steinhart einen Hebesatz von 380 Prozent als "mächtig", er wäre eher mit 350 einverstanden, bei allem Verständnis für Kämmerer Hermann Forster. "Jeder versucht sich über Wasser zu halten." Auf Städte mit niedrigerem Hebesatz zu schielen hält der Chef einer Wachswarenmanufaktur für kurzsichtig. Er ist überzeugt, dass auch die bald nachziehen.

Noch deutlicher äußert sich Thomas Holzer. "Einen Hebesatz von 340 tolerieren wir als Schmerzgrenze, die Anhebung auf 380 wird uns nicht an die Stadt binden, das ist Abzocke", wettert der Geschäftsführer von Schneider, einem Lohnhersteller für Kosmetik-Produkte.

Als "selbstherrlich" gar bezeichnet Hubert Strobel von Big Entsorgungstechnologie eine Erhöhung. "Ich bin strikt dagegen." Auch für Betriebe, die nach einer Musterrechnung nur 100 Euro mehr im Monat zu verkraften hätten, müssten übers Jahr 1200 Euro mehr zahlen. Die von Kämmerer Forster ins Feld geführte Erholung der Wirtschaft brachte keiner der Befragten in Zusammenhang mit einer möglichen Steuererhöhung.

Richtig findet dagegen Armin Hilgarth die Anpassung, weil Tölz reagiere bevor es wie andere Städte in die Verschuldung rutsche. "Ich zahle gern, wenn mit dem Geld etwas Vernünftiges gemacht wird", bekennt der Geschäftsführer des Luftfahrtzulieferers Sitec Aerospace. Etwa für Infrastruktur, Schulen und Kindergärten. Wie wichtig Faktoren wie Krippenplätze für einen Standort sind, erläuterte Wirtschaftsförderer Alexander Schmid am Podium. Gerade habe sich eine Firma mit acht Mitarbeitern für Tölz entschieden, wobei die Frage nach einem Krippenplatz für das Kind des Firmeninhabers eine zentrale Rolle gespielt habe.

Forster hatte zuvor erklärt, dass die Gewerbesteuer eine der wenigen Steuern sei, die eine Stadt beeinflussen könne. Landrat Josef Niedermaier unterstützte ihn darin, dass Kommunen bei steigenden, in Berlin festgelegten Aufgaben nur eine drastische Erhöhung der Einnahmen bleibe. "Sonst müssen sie es über Schulden machen."

© SZ vom 19.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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