Gesellschaft:Gleiche Teilhabe für alle

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Barrierefreie Bushaltestellen sind ein Mosaikstein auf dem langen Weg zur Inklusion. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Kreistag verabschiedet neue Inklusionsstrategie. Klaus Barthel hätte gerne eine Passage gestrichen.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Knapp 90 Seiten dick ist die neue Inklusionsstrategie für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Das Dokument soll der regionalen Politik einen Handlungsrahmen bieten, um Menschen mit Beeinträchtigungen gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Der Kreistag hat die Inklusionsstrategie in der jüngsten Sitzung Mitte März einstimmig beschlossen.

Einzig Klaus Barthel (SPD) blieb etwas kritisch, obwohl er grundsätzlich das Erzeugnis begrüßte. "Das ist ein tolles Stück Arbeit", so der Fraktionssprecher der Ausschussgemeinschaft von Sozialdemokraten und Linken. "Ich bin allerdings etwas unzufrieden mit dem Beschlussvorschlag." Darin stünde, dass die Inklusionsstrategie ein Rahmen für die "mittel- und langfristige" Verwirklichung der Inklusion sein solle.

Klaus Barthel drängt auf rasche Umsetzung. (Foto: Harry Wolfsbauer)

"Das hört sich sehr nach Sankt-Nimmerleins-Tag an", so Barthel. Das Begriffspaar "mittel- und langfristig" hätte er gerne gestrichen. Zudem hätte er sich von der Verwaltung im Landratsamt gewünscht, einen Zeit- und Arbeitsplan für umzusetzende Maßnahmen vorzugeben. Es sollte klar sein, wer für welche Schritte zuständig sei. Zudem sollte die Verwaltung regelmäßig berichten, was für eine bessere Inklusion getan werden könne. Sonst, so Barthel, könnte das Dokument eine schöne Strategie für die Schublade sein. Mit 42 zu elf Stimmen lehnte der Kreistag Barthels Antrag ab.

48 Handlungsfelder

"Es gilt das Primat der Politik", so Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Die Strategie sei beschlossen. Was und wie dies umgesetzt werde, obliege dem Kreistag. Daran knüpfte auch Thomas Bigl als Leiter des Kreis-Sozialamts an. In der Inklusionsstrategie seien neun Themenfelder und 48 Handlungsfelder definiert. Das Dokument solle einen allgemeinen Rahmen vorgeben und den Kreistag befähigen, darüber zu entscheiden, wie er vorgehen wolle. Wann welche Maßnahmen umgesetzt würden, müsse die Kreispolitik entscheiden, so Bigl.

Als "befremdlich" bezeichnete Kreistagsmitglied und Landtagsabgeordneter Thomas Holz (CSU) den Vorstoß Barthels, den Beschlussvorschlag neu "aufzumachen". Der Fachausschuss für soziale und kulturelle Angelegenheiten sowie der Kreisausschuss hätten das Dokument einstimmig beschlossen.

Knapp 16 000 Menschen mit Behinderung leben aktuell im Landkreis. Die Inklusionsstrategie definiert den Ist-Zustand für Themen wie Arbeit, Bildung, Mobilität und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, Freizeitmöglichkeiten, Bewusstseinsbildung, Wohnen und Bauen, Gesundheit oder Kooperation und Vernetzung. Weiter geht das Dokument auf Handlungsfelder und Inklusionschancen ein.

Deutschland hat zwar bereits 2009 die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ratifiziert. Laut der Inklusionsstrategie sind Bushaltestellen und Bahnhöfe im öffentlichen Personennahverkehr im Landkreis jedoch oft nicht barrierefrei. Informationen seien etwa nicht immer wahrnehmbar und aktuell. Daher müssten schriftliche Informationen kontrastreich gestaltet oder etwa per Knopfdruck als Durchsage abrufbar sein.

Über das Thema der Inklusion offener zu diskutieren, wünscht sich der Vorsitzende im Arbeitskreis für Menschen mit Behinderung, Markus Ertl, von der Kreispolitik. Wie er auf Nachfrage erklärt, arbeite der Arbeitskreis aber auch an eigenen Schwerpunkten zum Nahverkehrsplan, zur Bildung oder Freizeitmöglichkeiten, um gemeinsam mit der Politik Lösungen zu suchen.

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