Politischer Aschermittwoch:"Von der eigenen Bürokratie erdrückt"

Lesezeit: 2 min

Bürgermeister Michael Müller bestreitet den Politischen Aschermittwoch der Geretsrieder CSU überwiegend mit sozialen Themen. Die Unterbringung von Flüchtlingen scheitert seiner Ansicht nach oft an Vorschriften, die keine Ausnahme im Notfall zulassen.

Von Thekla Krausseneck, Geretsrie

Der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller hat sich auf dem Politischen Aschermittwoch der CSU für ein gemeinsames Mittelzentrum mit Wolfratshausen starkgemacht: "Wir müssen die Partnerschaft mit Wolfratshausen suchen." Gerade beim Plan einer S 7-Verlängerung sei Zusammenarbeit dringend angezeigt: Der wesentliche Vorteil der Verlängerung sei nicht, "dass jemand einmal im Monat zum Shoppen nach München fährt", sondern dass die S-Bahn Fachkräfte nach Wolfratshausen und Geretsried holen würde. An denen mangele es in der Stadt ganz massiv, etwa im Bereich der Kindergärten. Zwar könne der Kita-Platzbedarf bis Sommer gedeckt werden, und es würden sogar Kapazitäten für die Zukunft geschaffen, sagte Müller. Aber woher die 34 gesuchten Kindergärtnerinnen kommen sollen, sei offen: "Das wird eine Herausforderung für uns." Den Wolfratshauser Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) nannte Müller einen "sehr vernünftigen Ansprechpartner".

Bürgermeister Michael Müller (l.) sprach bei der CSU Geretsried. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Skandal vom vergangenen Jahr kam beim Politischen Aschermittwoch mit keiner Silbe zur Sprache; die Stimmung war entspannt, an die verhängnisvolle Rede des Dominikanerpaters Wolfgang Spindler schien niemand mehr zu denken. Die eine Hälfte der Gäste wartete bereits am gedeckten Tisch, als die andere Hälfte, teils mit Aschekreuzen auf der Stirn und angeführt von den CSU-Stadträten, aus dem Gottesdienst kam. Man machte da weiter, wo man vor zwei Jahren aufgehört hatte: im kleinen Ratsstubensaal (nicht im großen wie 2014 im Wahlkampf), mit 50 Gästen (vergangenes Jahr waren es etwa 100) und mit einer Rede zur Lokalpolitik. Die hielt Müller im Anschluss an das Fischessen an einem Stehtisch ohne Mikrofon und Parteibanner, dafür mit Pathos: Stolperte er anfangs noch durch ein Dickicht aus Metaphern und Anekdoten, auf der Suche nach einem unterhaltsamen Einstieg, wurde er schon sehr bald konkreter - und hob, wenn es um seine Herzblutthemen ging, stellenweise deutlich die Stimme.

Die Grünen in Schäftlarn beschränkten sich auf Politik (v.l.:): Christian Lankes, Anton Höck, Klaus Koch, Susanna Tausendfreund. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Unterbringung von Asylbewerbern werde eine große Herausforderung, bei der Digitalisierung gebe es Nachholbedarf, das Zentrum um Egerlandstraße und Karl-Lederer-Platz müsse gestärkt werden und bezahlbarer Wohnraum werde dringend benötigt: Müller positionierte sich zu seinen Themen stets klar. "Wir können nicht mehr wachsen", sagte er. Früher hätten sich Städte wie Jahresringe entwickelt, heute bleibe nur noch die Verdichtung im innerstädtischen Bereich. Für neuen Wohnraum stünden jedoch nur noch wenige Flächen zur Verfügung. Der soziale Wohnungsbau sei daher "schon fast nicht mehr zu finanzieren". Es fehle an städtischem Grund, und private Grundstücke seien teuer. Wer aber ein Grundstück zum Vollpreis erwerbe, der könne es sich kaum noch leisten, darauf Sozialwohnungen zu bauen. Und vom Freistaat sei "nichts zu holen".

Deshalb seien auch Forderungen wie die des Landrats Josef Niedermaier (FW), "im Rahmen des Asyls und der Unterbringung im sozialen Wohnungsbau ein Anschubprogramm zu beginnen", kaum zu erfüllen, klagte Müller. Es sei denn, man wandle landwirtschaftliche Flächen in Wohnraum um, dränge also in den Außenraum, was jedoch nicht im Sinne der Landesentwicklung sei. Oder man baue Wohnraum im Gewerbegebiet - worauf inzwischen alles hinauslaufe. Ganz unabhängig von der Unterbringung von Asylbewerbern hätte dies eine "Zerschießung des Gewerbegebiets mit Wohnbau" zur Folge. Temporär könne man das - zugunsten der Flüchtlinge - zwar in Kauf nehmen. Aber rechtlich sei nicht geklärt, wie es nach Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatländer mit diesem Wohnraum weitergehe. Die Zahl der Flüchtlinge wird sich Müller zufolge ungefähr verdoppeln. Man wolle diesen Menschen gerne helfen, sagte er. "Aber wir werden von unserer eigenen Bürokratie erdrückt."

© SZ vom 20.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: