Gärtner schlagen Alarm:Die fiese Raupe Nimmersatt

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Die Larve eines Schmetterlings frisst im Nordosten des Landkreises München Buchsbäume kahl. Auf dem Friedhof in Aschheim war der Befall so massiv, dass die Pfarrei den Friedhof sperrte, um gegen den Schädling vorzugehen. Ein Pilz setzt der Pflanze ebenfalls zu

Von Marion Pfender, Aschheim/Schäftlarn

Der Buchsbaum gilt unter Gärtnern als robuste und pflegeleichte Pflanze. In jüngster Zeit gerät er aber zunehmend in Bedrängnis. Nachdem schon seit mehreren Jahren der Pilz Cylindrocladium buxicola grassiert, macht sich jetzt auch noch der Buchsbaumzünsler in der Region München breit. Die grüne Raupe mit den charakteristischen schwarz-weißen Streifen und den schwarzen Punkten auf dem Rücken tritt oft in Massen auf und frisst ganze Hecken kahl. Oliver Buthmann, Inhaber der Haarer Gärtnerei Linner, hat sie schon beobachtet. "Die Friedhöfe in Aschheim und Kirchheim sind massiv betroffen", berichtet er, auch in Feldkirchen und Heimstetten gebe es bereits einige Fälle. Aus Ismaning und Unterföhring berichten Gartenbauvereine und Privatleute von starkem Zünslerbefall.

Viel unternehmen kann Buthmann nicht. Wenn die Kunden ihn mit der Bekämpfung des Schädlings beauftragten, mache er das natürlich, sagt er: "Solange aber auf dem Nachbargrab nichts getan wird, hilft das auf Dauer nicht." Die Pfarrei St. Peter und Paul in Aschheim ist deshalb selbst aktiv geworden, obwohl die Pflege der Einzelgräber eigentlich in die Zuständigkeit der jeweiligen Familie fällt. Wie Pfarrsekretärin Marianne Kaltschmid erzählt, wurden vor Kurzem die ersten Raupen gesichtet, etwa 30 Gräber waren befallen. Um das Problem einheitlich in den Griff zu bekommen, habe man eine örtliche Gartenbaufirma beauftragt, die dann den gesamten Friedhof absperrte und mit einem für öffentliche Flächen zugelassenen Mittel spritzte.

Der Buchsbaumzünsler wurde nach Informationen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft 2006 zum ersten Mal in Deutschland gesichtet. Seitdem hat er sich zunächst vorwiegend in Baden-Württemberg und entlang des Rheins verbreitet. 2016 gab es erste Berichte von einem Auftreten im Landkreis München, voriges Jahr war er in einzelnen Gemeinden bereits Thema. Kirchheim etwa informierte im Juli 2017 auf seiner Homepage über den Schädling. Auch wenn es keine exakten Zahlen gibt, scheint der Zünsler inzwischen fast flächendeckend in Bayern verbreitet zu sein. Diesen Eindruck bestätigt Wolfgang Kreckl vom Institut für Pflanzenschutz: "Ich bekomme Anrufe von Hobbygärtnern aus ganz Bayern. Sicherlich gibt es Flecken, wo er noch nicht so intensiv auftritt, aber im Grunde ist er überall."

Da die Raupen in ihren ersten Entwicklungsstadien sehr klein sind und meist im Inneren der Bäume zu fressen beginnen, ist der Befall lange Zeit kaum zu sehen. So entsteht oft der Eindruck, die Insektenplage sei "über Nacht" aufgetreten, wenn auf einmal die Hecke vor den bis zu fünf Zentimeter langen Tieren wimmelt. Zudem sind befallene Pflanzen von Gespinsten überzogen. Über mehrere Larvenstadien hinweg frisst der Buchsbaumzünsler nicht nur die Blätter der Pflanze, sondern greift oft auch die Rinde an. Dadurch können die sonst sehr widerstandsfähigen Bäume in kurzer Zeit komplett absterben.

Ein Pilz greift Buchsbäume an, weshalb im Prälatengarten des Klosters Schäftlarn jetzt fast alle durch Heckenmyrthe ersetzt wurden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Zur Verpuppung spinnen sich die Raupen in Kokons ein. Die Flugphase des geschlüpften Falters beträgt etwa zehn Tage. Daher schreitet die Ausbreitung grundsätzlich eher langsam voran. Durch infizierte Pflanzen oder im Zuge der Entsorgung verschleppte Raupen kann der Zünsler aber auch plötzlich in weiter entfernten Gegenden auftauchen. Deshalb weisen viele Gemeinden ausdrücklich darauf hin, dass befallene Pflanzenteile in luftdichte Plastiksäcke verpackt und über den Restmüll entsorgt werden müssen. Keinesfalls sollten Raupen in die Biotonne oder auf den eigenen Kompost gelangen.

Im Landkreis handelt es sich bisher eher um Einzelfälle. Da der Schädling aber mit zwei bis drei Generationen im Jahr auftritt, kann er sich nach der ersten Fluggeneration - meist im Juli - auch in weiteren Gebieten verstärkt ausbreiten. Hobbygärtner sollten daher gewarnt sein und ihre Anpflanzungen regelmäßig auf Raupenbefall kontrollieren, insbesondere auf den Blattunterseiten und im Inneren der Bäume.

In der Gegend um Schäftlarn stellt bisher noch der Pilzbefall die größere Gefahr dar. So zum Beispiel im Prälatengarten des Klosters, der vom Verein "Schönes Schäftlarn" gepflegt wird. "Wir haben drei Jahre lang um den Buchs gekämpft, der für unsere Anlage so prägend war", berichtet die Vereinsvorsitzende Angela Steck. Mit Stärkungs- und Spritzmitteln habe man versucht, dem Triebsterben Einhalt zu gebieten. Im Winter pflanzten die Mitglieder zudem versuchsweise eine pilzresistente Sorte. "Aber wenn der Pilz einmal im Boden ist, hilft letztlich nichts." Vor etwa drei Wochen wurden alle Buchseinfassungen entfernt, lediglich zwei etwas entfernt stehende große Buchsbäume sind noch übrig. Der Pilzbefall bereitet auch dem Unterschleißheimer Umweltamtsleiter Andreas Schmidt größere Sorgen als der Schmetterling: "Gegen den Buchsbaumzünsler kann man wenigstens etwas unternehmen, wenn man ihn rechtzeitig bemerkt."

Der Buchsbaumzünsler frisst die Blätter der Pflanze und hinterlässt sie kahl. (Foto: Imago/Gottfried Czepluch)

Zur Bekämpfung der Raupen gibt es zwei grundsätzliche Ansätze: den Schädling mechanisch aus den Bäumen entfernen oder Schädlingsbekämpfungsmittel spritzen. Für Ersteres hat sich die Familie von Christa Scharl aus Ismaning entschieden. "Wir haben viel Buchs im Garten, als Einzelbüsche und als Beeteinfassungen", sagt sie. Als vor zwei Wochen der Zünsler eingefallen sei, habe ihre Mutter die Raupen per Hand aus den Pflanzen gezupft. "Die Bäume stehen noch. Sie sind jetzt zwar etwas angeknabbert, aber nächstes Jahr werden sie hoffentlich wieder schön."

Das Absammeln gilt als mühsame, aber sehr effektive Methode. Daneben wird teilweise auch empfohlen, die Raupen mit einem Laubbläser oder Hochdruckreiniger aus dem Gebüsch zu blasen und auf einer dahinter ausgelegten Plane zu sammeln. Außerdem kann ein starker Rückschnitt befallener Triebe helfen. Einen Versuch wert ist der Tipp von Gartenbaumeister Alfred Spiegl aus Aschheim: über kleinere Bäumchen einen Müllsack stülpen, unten zuschnüren und einen Tag warten. Die sich im Inneren entwickelnde Temperatur vertrügen die Raupen nicht, der Buchs jedoch schon.

Beim Spritzen ist die Schwierigkeit laut Gärtner Buthmann, dass die Mittel nur in einem sehr engen Zeitfenster wirken, während die Raupen aktiv fressen. "Nur einen Tag zu spät, und es ist umsonst", sagt er. Darüber hinaus sei der Einsatz von Spritzmitteln teuer: "Das mag sich für Einzelexemplare lohnen. Aber Leute, die viel Buchs haben, beschließen oft auch, sich gleich ganz davon zu trennen und auf Alternativen zu setzen." So wie im Klostergarten in Schäftlarn: Dort erfreut künftig Heckenmyrthe die Besucher.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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