Kommentar:Thema verfehlt

Immer wieder heißt es in der Flüchtlingskrise, die Politik müsse "Ängste ernst nehmen". Doch dazu ist sie nicht da. Über die eigentliche Aufgabe der Politik

Von David Costanzo

Wofür ist die Politik da? Nur um Stimmungen und damit Stimmen für die nächste Wahl einzufangen? Nur um Meinungen aufzugreifen und daraus eine Mehrheitsentscheidung herbeizuführen? Oder - wie es in der Diskussion um Flüchtlinge so unschön heißt: "Um Ängste ernst zu nehmen"? Nein, dazu ist die Politik nicht da. Politik ist keine Einbahnstraße. Und darum läuft manches in der Debatte derzeit in die falsche Richtung.

Parteien und ihre Vertreter sind Bindeglieder zwischen Staat und Gesellschaft, der Leim zwischen Regierenden und Regierten, die Leiter zwischen denen da oben und denen da unten. Bindeglieder packen an beiden Seiten, Leim klebt zusammen, Leitern kann man nicht nur hinauf-, sondern auch hinabsteigen. Das muss auch die Aufgabe - und die Verantwortung - der Politiker sein, insbesondere in so schwierigen Fragen wie der Asylpolitik, auf die es keine einfachen Antworten gibt.

In der Diskussion über Flüchtlinge heißt das: Die Politik hat auch zu erklären, hat unbegründete Ängste abzubauen, Vorurteile zu entkräften. Wenn wie beim Politischen Herbst der CSU-Nachwuchsorganisation die Verantwortlichen Vorurteilen nicht widersprechen, mit Gerüchten unterfütterte Fragen nicht beantworten und Ängste im Raum stehen lassen, dann verstärken sich diese nur im Kreise der Besucher. Dann hat dieser Abend wirklich sein Thema verfehlt.

© SZ vom 09.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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