Festliches Ereignis:Das letzte Zeugnis

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Für die Abiturienten ist am Freitag die Schulzeit zu Ende gegangen. Bei der Verabschiedung zeigten einige von ihnen, dass sie nicht zu langweiligen Anpassern gemacht wurden. Eltern kritisieren das bayerische Bildungssystem.

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Im Geretsrieder Schulzentrum freut sich Lisa Hobelsberger über ihr Zeugnis. (Foto: Hartmut Pöstges)

Besinnliche Worte, Aufmunterung, Musik und ein bisschen Wehmut - für die Absolventen des diesjährigen Abiturjahrgangs ist am Freitag die Schulzeit zu Ende gegangen. Am Schluss dann der große Augenblick: die Überreichung der Zeugnisse. Ein Zusammenschnitt der Abiturfeiern im Landkreis.

Icking

Mit brillantem Big Band-Sound, letztmals unter der Leitung von Horia-Dinu Nicolaescu, mit Tanzdarbietungen und sehr persönlichen Ansprachen, aber auch kritisch-pointierten Anmerkungen zum bayerischen Bildungssystem hat das Ickinger Gymnasium seine Abiturienten verabschiedet. Dass heuer nicht nur alles eitel Sonnenschein trotz eines Notenschnitts von 2,2 war, betonte Schulleiter Hans Härtl gleich zu Beginn: Einige hätten die Prüfungen nicht bestanden, es sei nämlich nicht mehr so, dass alle Kandidaten schon vorab ihr Abi sicher in der Tasche hätten. Und von elf externen Kandidaten, die in Icking antraten, habe es kein einziger geschafft. Kritisch wandte sich Härtl gegen allerlei "Bestseller" auf dem Büchermarkt, denen zufolge "die Schule nichts taugt" und die Kinder zu langweiligen Anpassern mache. Dies sei alles nicht Realität. Freilich dürfe man nicht meinen, dass es Chancengleichheit gebe. Allenfalls könne man von Chancengerechtigkeit reden. Und Schule ohne Anstrengungen sei leider nicht möglich.

Mit Szenenapplaus reagierten die Festgäste in der Aula auf die Rede der Elternbeiratsvorsitzenden Karin Oesterreicher-Pfeiffer. Sie kritisierte mit scharfen Worten ein Bildungssystem, in dem die Schüler zwar genauestens über das Leben der Bienen Bescheid wüssten, aber nicht mit einem Girokonto umgehen könnten. "Unausgegorene Techniken" bei der Vermittlung von Wissen führten dazu, dass Kinder heute nicht mehr richtig schreiben könnten. Sie habe gar nichts gegen G 8 und Bienen, "aber da zieht es mir die Schuhe aus". Angesichts des "Dschungels an Ungereimtheiten in der bayerischen Bildungspolitik " grenze es an ein Wunder, dass so viele Kandidaten das Abitur geschafft hätten.

Bad Tölz

"Danke, es ist wunderbar, diese Pointen zeigen, dass aus Ihnen gebildete Menschen geworden sind", freute sich Schulleiter Harald Vorleuter nach der Rede der Abiturienten. 114 Schüler wurden verabschiedet, und dass Schule nicht nur Wissen vermitteln, sondern einen eigenständigen, kritischen Geist formen soll und kann, zeigte vor allem die Rede der Abiturienten. Witzig und frech, in Form eines szenischen Dialogs, reflektierten Johannes Schober, Luca Gronau und William Cooper über die Herausforderung, eine gleichermaßen "humorvolle und anspruchsvolle Abiturrede" zu schreiben. Da blieb zunächst nur das Schweigen: In fast Beckettscher Manier standen die Schüler auf der Bühne und sagten erstmal nichts. Von den drei Möglichkeiten - Rede ausfallen lassen, Ausrede erfinden oder eine Nachtschicht einlegen - habe man sich dann doch für letztere entschieden. Sehr zum Vergnügen der Gäste in der vollbesetzten Turnhalle, denn die Früchte der nächtlichen Reflexion mündeten in einen amüsanten Rückblick auf acht Jahre Hotelbesuch auf Staatskosten, mit einzigartigem Sport- und Freizeitangebot. Auch wenn der Aufenthalt im Zwei-Sterne Haus nicht immer erholsam gewesen sei. Und nicht unbedingt komfortabel. Der Fitnessbereich sei über ein Jahr gesperrt gewesen und zum Schwimmen habe man immer auf den Pool im Nachbarhotel ausweichen müssen. Auch hinsichtlich der Sanitäranlagen gebe es einiges zu bemängeln, ganz zu schweigen vom ungenügenden Parkplatzangebot. Und das Schlimmste: "Der Hotelmanager entpuppte sich als krankhafter Handy-Sammler.

Geretsried

Abschlussfeiern sind eine gute Gelegenheit, um Abendkleider zu tragen, dachte sich wohl die Abiturientin im schwarzen Minikleid, die am Freitag mit 124 Mitschülern im Gymnasium Geretsried ihr Zeugnis entgegennahm. Auf der Bühne gehörte sie in ihrer Garderobe jedoch zu einer Minderheit: Eine überwältigende Anzahl Schüler war zu diesem Anlass in bayerischer Tracht erschienen. Die Aula war gut besucht, beide Galerien waren bis zum letzten Platz besetzt, wer zu spät kam, musste stehen. Das dargebotene Programm füllte drei Stunden, in denen Schüler musizierten und Reden gehalten wurden. Erst gegen Ende wurden die heiß begehrten Zeugnisse ausgepackt.

Als die meisten Abiturienten dieses Jahrgangs eingeschult wurden, geschah dies im Schatten eines düsteren Ereignisses: dem Terroranschlag vom 11. September 2001. Direktor Deger erinnerte mit Bildern an die Katastrophe. Vielleicht bedeute das, philosophierte er, dass den Abiturienten "eine besondere Aufgabe" zukomme.

Der Notenschnitt aller Abiturienten lag bei 2,32, was zufällig auch exakt der Landesschnitt sei, sagte Deger. "Wir hätten noch besser sein können und waren es in den Vorjahren auch." Acht Schüler schafften das Abitur nicht, davon nahm eine Schülerin krankheitsbedingt nicht an den Prüfungen teil. Ein Schüler verzichtet auf die Wiederholung der zwölften Klasse und beginnt eine Lehre. Das Gymnasium hatte im Jahr 2012/2013 insgesamt 1252 Schüler in 37 Klassen.

Lenggries

43 Abiturienten des Lenggrieser St.-Ursula-Gymnasiums hielten am Freitag ihre Abiturzeugnisse in den Händen. Nach einem Gottesdienst in der Lenggrieser Pfarrkirche St. Jakob wurden in der Turnhalle die Zeugnisse überreicht. Der Notendurchschnitt von 2,1 sowie die 14 Einser-Absolventen seien für die Schule nicht außergewöhnlich, sagte Annemarie Klaffenbacher, Verwaltungsangestellte im Sekretariat der Schule. Zwei Kandidaten hätten allerdings nicht bestanden. Im Wechsel wurden Ansprachen gehalten und klassische Musikstücke vorgespielt, die Schüler des Gymnasiums einstudiert hatten. Schulleiter Christoph Beck sprach einleitend zu den Abiturienten.

Die Abituransprache wurde von den beiden Kurssprecherinnen Veronika Heuten und Hanna Walker übernommen. Außerdem wurde eine Ansprache von den zwei "Zuagroasten", den Abiturientinnen Paulina Fried und Victoria von Schrottenberg eingebaut, die aus Dietramszell und Tegernsee stammen. Die beiden sind erst zu einem späteren Zeitpunkt auf das Lenggrieser Gymnasium gekommen und berichteten von ihren Eindrücken.

Schäftlarn

Nach einem gemeinsamen Gottesdienst ging es am Freitag in der Aula des Gymnasiums Schäftlarn mit der Vergabe der Abiturzeugnisse weiter. Doch bevor die 46 Abiturientinnen und Abiturienten ihre Zeugnisse endlich in den Händen halten durften, wurden einige Reden gehalten. Mit einem Notendurchschnitt von 2,2 sei der Jahrgang besser als der Bayern-Schnitt, sagte Direktor Wolfgang Sagmeister. Doch nicht nur darauf dürfen die Schüler seiner Meinung nach stolz sein. Sie alle seien Benedicti, Gesegnete.

In seiner Rede sagte er auch: "Benedikt aus Bayern, der XVI., war Papst seit 2005 bis heuer 2013, also acht Jahre, ebenso lange, wie die meisten von Ihnen hier am Gymnasium der Benediktiner Schäftlarn zur Schule gegangen sind. Josef Ratzinger ist also Papst geworden, genau als sie Gymnasiasten wurden." Nur vier Abiturienten mussten in die Nachprüfung, einer von ihnen wiederholt das Jahr.

Waldram

Im Gymnasium St. Matthias in Waldram sind Haare der Eltern oft schon etwas grauer und die Absolventen selbst schon etwas reifer als anderswo. Denn das Gymnasium und sein erzbischöfliches Seminar sollen Spätberufene zum Abitur führen, die also schon etwas hinter sich haben, was an anderen Schulen immer noch als Umweg gilt. Der Abiturjahrgang 2013 besteht aus 35 Menschen und ist damit der zweitgrößte seit 1987. Nach konventioneller Notengebung haben alle Kandidaten ihr Abi geschafft, und zwar zusammen bis aufs Hundertstel im bayerischen Schnitt von 2,32. Jeden einzeln charakterisierte Schulleiter ClausPointner. An den Ehemaligen, die der gern beschworene Waldramer Geist auch zu dieser Feier an ihre Schule lockte, fanden sich nur vereinzelt geistliche Insignien, und viel mehr werden es auch mit diesem Jahrgang wohl nicht werden. Die Jahrgangssprecherinnen - beide evangelisch - inszenierten ihre Rede als polytheistischen Dialog von Fortuna und Athene über die Schuljahre und all diejenigen, die diese Jahre zusammen geprägt haben.

Penzberg

Die 138 Absolventen im Gymnasium Penzberg feierten in der Wellenbad-Halle. Insgesamt waren 141 Schülerinnen und Schüler zu den Abiturprüfungen angetreten, sieben von ihnen gingen in die Nachprüfung und drei von ihnen wiederholen das Jahr. Mit einem Notendurchschnitt von 2,1 ist dieser Jahrgang "leistungsmäßig deutlich besser" als der Jahrgang vergangenen Jahres, sagte Direktorin Margit Mintzel. Besondere Anerkennung verdienten in ihren Augen auch diejenigen, die ihr Reifezeugnis nicht im ersten Anlauf erreicht haben, aber nicht aufgaben, sich neben den Schulfächern sozialen Aktivitäten widmeten, Theater spielten und durch Erfahrungen "Lebenskompetenz, das Gefühl von Selbstwirksamkeit erlangen konnten und das Sie stark macht

© SZ vom 29.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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