Ernüchternde Bilanz:Die Energiewende hat Verspätung

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2035 will der Landkreis klimaneutral sein. Doch bisher stammen nur 41 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Vier Millionen Tonnen Kohlendioxid werden im Jahr im Oberland produziert. Das war die ernüchternde Bilanz, die Andreas Süß, der Klimaschutzmanager des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, im Planungsausschuss der Region 17 kürzlich gezogen hat. Das Klimaziel, bis zum Jahr 2035 keine Energie mehr aus fossilen Brennstoffen zu erzeugen, ist somit immer noch in weiter Ferne. Dennoch glaubt Süß, dass das Steuer noch herumgerissen werden kann. "Wir haben die Chance, doch noch etwas zu ändern", sagte er.

In der "Region 17 Oberland" sind die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach, Weilheim-Schongau und Garmisch-Partenkirchen zusammengeschlossen. Sie alle haben sich dem von der Energiewende Oberland (EWO) vorgegebenen Ziel verschrieben, von 2035 an energieautark zu sein. Alle vier Landkreise haben deshalb jeweils für sich eine Energie- und Kohlendioxid-Bilanz aufgestellt, und zwar für das Jahr 2016. Diese Einzelbilanzen wurden nun zu einer Gesamtschau für das Oberland zusammengefasst. Süß stellte gemeinsam mit Christiane Regauer von der EWO das Ergebnis vor.

Der Energieverbrauch insgesamt für Verkehr, Strom und Wärme liegt bei 14 120 Gigawattstunden, was zu etwa vier Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich führt, die an die Umwelt abgegeben werden. Strom, Wärme und Verkehr haben in etwa den gleichen Anteil am CO2-Ausstoß. Es werde die Frage sein, wie die Landkreise von diesen großen Brocken herunterkämen, sagte Süß. Lediglich 41 Prozent der Stromerzeugung kommt laut Bilanz bisher aus regenerativen Energien wie Photovoltaik oder Wasserkraft.

Die Wasserkraft stellt den Hauptanteil an erneuerbaren Energien. Eine wichtige Rolle bei der Versorgung spielen da natürlich das Walchenseekraftwerk und andere große Anlagen. Aber für einen klimaneutralen Landkreis reicht das bei Weitem nicht. "Wir haben noch einen weiten Weg zu gehen", so Süß.

Noch düsterer sieht die Bilanz bei der Wärmeerzeugung aus. Dort bestehe Handlungsbedarf, sagte der Klimaschutzmanager. Nur zehn Prozent der Wärme im Oberland werde durch Biomasse erzeugt. Nach wie vor würden die Bürger auf mit Erdgas oder Erdöl betriebene Heizungen setzen. Selbst bei einem Einbau-Verbot neuer Ölheizungen würde der Anteil an solchen Anlagen in Wohngebäuden im Jahr 2035 noch immer etwa ein Viertel betragen, erklärte der Fachmann. Vor allem auf kommunaler Ebene müsse deshalb etwas geschehen. Wie in Lenggries zum Beispiel: Die Gemeinde baut ein mit Hackschnitzel befeuertes Nahwärmenetz auf, das in Zukunft viele kommunale Einrichtungen beheizen wird.

Knapp 1,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich produziert der Verkehr in der Region 17. Allein 75 Prozent entstehen durch den Personenkraftverkehr. Es sei deshalb zwingend erforderlich, den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen, sagte Süß. Dem pflichtete Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) bei. "Es ist ein gesamtgesellschaftlicher Wandel notwendig", sagte er.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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