Ein Appell an die Fantasie:Möglichst unmöglich

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Ein Workshop mit Bas Böttcher am Gymnasium Icking

Von Nora Schumann, Ickin

g - Der Name des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums ist eine Alliteration. Zwar beginnt "Maria" nicht mit "r", die betonte Silbe "ria" jedoch schon. Und darauf komme es an beim Poetry-Slam, erklärt Slam-Poet Bas Böttcher den Zehn- und Elftklässlern des Ickinger Gymnasiums. Böttcher ist ein gefeierter und vielfach ausgezeichneter Poetry-Slammer, trägt also eigene Lyrik auf Bühnen vor . Poetry Slammer sind in Böttchers Augen "Dichter die für die Bühne schreiben".

Als der Deutschlehrer Tobias Noss den Künstler am Freitag in einem Workshop am Gymnasium ankündigt, wiegelt dieser zwar ab - zu viel Ehrfurcht sei nicht gut fürs Arbeiten -, legt dann aber richtig los und zeigt den Schülerinnen und Schülern die möglichen Facetten von Text und Sprache. Er trägt Teile des Erlkönig so vor, dass man das Pferd des Vaters durchgängig galoppieren hört, er fragt die Schüler, welche Themen sie interessieren, und rezitiert dazu aus dem Kopf seine lyrischen Texte. Auf die Frage, wie er sich das alles merken könne, lächelt er. "Man muss die Texte mögen", sagt er. Dann seien sie wie ein Lieblingslied, das man vor sich hin summe. Außerdem benötige ein fünfminütiger Text ungefähr eine Woche Arbeitszeit, da sei man mit dem Inhalt schon sehr vertraut.

Das Aufschreiben sei dabei zweitrangig, wichtig sei, was im Kopf bleibe. "Es macht einen Unterschied, wie man 'den Baum umfahren' oder 'den Baum um fahren' sagt", erläutert er. Beim Geschriebenen könne es schwierig sein, die Bedeutung eines Wortes zu erfassen. In der Szene spreche man von "Stage Poetry" versus "Page Poetry".

Er unterteilt den Begriff Poetry-Slam in drei Bereiche: Idee, Show und Text. Zu jedem Teil schreibt der Künstler Stichworte auf eine Tafel. "Rolle spielen" oder "Tempo" steht da etwa bei Show, "Mehrdeutigkeit" und "Wiederholung" bei Text.

An den Workshops mit den Schülern mag Böttcher die Inspirationen und kritischen Rückmeldungen. "Die Jugendlichen sind da - wie soll ich es sagen ..." - Böttcher überlegt kurz: "... das gnadenloseste Publikum." Sie sagten sofort, wenn ihnen etwas nicht gefalle. Die Schulen seien auf ihn zugekommen, etwa wenn sie in der Abiturvorbereitung das Thema "Lyrik nach 1990" behandelten oder, wie im Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium, das Deutschbuch ganze vier Seiten über ihn enthalte.

Die Kooperation zwischen Böttcher und dem Ickinger Gymnasium entstand durch den Verein Klangwelt Klassik. Vorstandsmitglied Birgitta Bohn erklärt, dass die Klangwelt sich mehr junges Publikum wünsche. Durch die Zusammenarbeit zwischen Bas Böttcher und dem Kuss Quartett sei die Idee entstanden, den Slam-Poeten für einen Workshop zu gewinnen.

Für den Bereich der "Idee" seiner Poerty-Slam-Skizze sollen die Schülerinnen und Schülern selbst kreativ werden. Dazu stellt er die erste Aufgabe. "Wie kann man Alltagsthemen in seinen Texten interessant gestalten?" Er beantwortet die Frage gleich selbst: indem man beispielsweise mit Kontrasten arbeite. Hierfür sollen die Schüler sich Wendungen mit Unmöglichkeiten überlegen. Etwa so wie "glauben an Unglaubliches" oder "der richtige Fehler" animiert Böttcher die Jugendlichen.

Die Worte sprudeln aus ihm heraus, der Lyriker macht kaum eine Pause beim Sprechen. Seine Begeisterung ist deutlich zu spüren und reißt die Schüler mit. "Super" findet ein Schüler den Workshop Böttchers und ein anderer findet: "Der Kerl hat's drauf."

© SZ vom 26.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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