Ein 20-Jähriger rastet aus:Wahnhafte Attacke auf die Mutter

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Der Wolfratshauser steht unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor dem Landgericht in München. Der Staatsanwalt fordert dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie

Von Christian Rost, Wolfratshausen/München

Der junge Mann glaubte, die Welt manipulieren zu können. Er war auch fest davon überzeugt, dass er bereits einmal mit seinen besonderen Fähigkeiten die Abläufe am Aktienmarkt beeinflusst hätte. Doch nicht wegen dieser wilden Fantasien steht der 20-jährige Holger E. ( Name geändert) seit Dienstag vor der Jugendstrafkammer am Landgericht München II. Es ist ein weitaus gravierender Vorfall, der den an einer paranoiden Schizophrenie leidenden Abiturienten zunächst ins Isar-Amper-Klinikum und jetzt auf die Anklagebank brachte: E. soll seine Mutter schwer misshandelt, mit dem Tode bedroht und sie eingesperrt haben.

Der bubenhaft wirkende Heranwachsende aus Wolfratshausen leidet laut einem vorläufigen Gutachten an einer drogeninduzierten Schizophrenie, die durch Konsum von psychoaktiven Substanzen ausgelöst wird. Laut Sachverständigenmeinung ist bislang nicht geklärt, ob in solchen Fällen Drogen allein Verursacher oder nur Auslöser für verborgene, bereits vorhandene psychische Erkrankungen sind. Wie es in diesen Fällen aber typisch ist, hat sich auch bei Holger E. eine gravierende Wesensveränderung ergeben. Verfolgungswahn, Angstzustände und Allmachtsfantasien traten bei ihm auf.

Die Staatsanwaltschaft hält den 20-Jährigen mittlerweile für so gefährlich, dass sie seine dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik fordert. Auslöser für das Verfahren war ein Übergriff des Beschuldigten am 15. April 2014 auf seine Mutter. An jenem Tag soll E. geradezu euphorisch gestimmt gewesen sein, bis gegen 19.15 Uhr seine Mutter in sein Zimmer kam, um ihm ein gebügeltes Hemd zu bringen. Bei dem Sohn kippte die Stimmung schlagartig. Er glaubte in diesem Moment, seine Mutter sei zur Tür hereingekommen, um ihn umzubringen. Laut Antragsschrift packte er sie sogleich am Kopf und schlug diesen mehrmals gegen eine Wand. Dann zog er seine Mutter an den Haaren über eine Treppe ins Erdgeschoss des Hauses, wo er ihr mehrmals sein Knie in den Bauch rammte und ihr mit der Faust ins Gesicht schlug. Schließlich griff er sich einen Stock und drosch auf seine Mutter ein. Zeitweilig hielt er während der Misshandlung auch ein Messer in einer Hand und drohte, sie zu töten. Anschließend fesselte er sie mit einem Computerkabel an Händen und Beinen und zerrte sie in die Gästetoilette. Mit einer Kommode und anderen Einrichtungsgegenständen blockierte er die Tür. Nur durch Zufall konnte sich die Frau von ihren Fesseln befreien und durch das Toilettenfenster Nachbarn auf sich aufmerksam machen, die sie befreiten und die Polizei riefen. Der Sohn wurde festgenommen und ins Bezirkskrankenhaus gebracht. Die Ärzte dort gaben ihm Depotspritzen und konnten damit seine Psyche stabilisieren.

Auf Antrag seines Pflichtverteidigers Thomas Novak wurde die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen. Zuvor hatte E.s Wahlverteidiger Adam Ahmed, der selbst nicht vor Gericht erschienen war, mit einem tags zuvor gefaxten Befangenheitsantrag gegen die Kammer für Wirbel gesorgt. Der Antrag erwies sich schließlich als unbegründet. Das Verfahren wird fortgesetzt.

© SZ vom 04.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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