Ehrung:Antreiber der Gesellschaft

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Landrat Josef Niedermaier (Dritter v. l.) überreichte an drei Personen aus dem Landkreis den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Franz Blecha (ganz re.) engagiert sich im Behindertensport, Erna Ernst (Achte v. li.) in der Pferdetherapie. Thomas Fischer (Dritter v. r.) warb für Organspenden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Für ihr ehrenamtliches Engagement haben zahlreiche Landkreisbürger Auszeichnungen erhalten, bis hin zum Bundesverdienstkreuz. Landrat Josef Niedermaier hat sie in Wolfratshausen überreicht - und sich bedankt

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Kaum etwas loben gerade Politiker lieber als ehrenamtlichen Einsatz. Das betonte Landrat Josef Niedermaier (FW), als er am Dienstag Bürgern aus dem Landkreis im Wirtshaus Flößerei Auszeichnungen überreichte - vom Ehrenzeichen des bayerischen Ministerpräsidenten, über die kommunale Verdienstmedaille bis hin zum Bundesverdienstkreuz. "Ohne Ehrenamt ginge alles nicht", sagte der Landrat. Die großen Räder in der Gesellschaft kenne jeder, aber die kleinen trieben diese erst an. Dafür brauchten sie die meiste Kraft. "Sehen tut sie keiner", schilderte er. "Aber wenn sie weg sind, bleibt die Uhr stehen." Der Tölzer Thomas Fischer, die Reichersbeuerin Erna Ernst und Franz Blecha aus Geretsried dürfen den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland tragen.

Lebensretter Organspende

Sich selbst bezeichnet der frühere Krankenpfleger Thomas Fischer als "arme Sau". In Vorträgen hat der 64-Jährige seine Lebensgeschichte in Schulen und am Klinikum Großhadern geschildert. Mit acht Jahren erkrankte er an erblich bedingter Diabetes. Durch die Behandlung mit Insulin wurden seine Niere und schließlich das Herz stark geschädigt. Nur dank Organspenden konnte er weiterleben. Zudem bekam er eine neue Bauchspeicheldrüse.

Seitdem hat Fischer zwölfeinhalb Jahre lang Schüler, Lehrer und Medizinstudenten für das Thema Organspende sensibilisiert. "Ich wollte etwas zurückgeben", sagt er. Mittlerweile hat er mit den Vorträgen aufgehört - zu sehr strengen sie ihn an.

Vor den Organspenden musste Fischer mehrmals pro Woche zur Dialyse gehen. 2002 brach er in einer Sitzung zusammen. Weil die Niere versagte, wurde auch sein Herz schwer geschädigt. Er erhielt zwei neue Organe und 2005 eine neue Bauchspeicheldrüse. Als "Armutszeugnis für die Bundesrepublik Deutschland" bezeichnet Fischer, dass es hierzulande so wenige Organspender gibt. Täglich würden vier Personen auf der Warteliste sterben.

Therapie mit Pferden

Nach einem privaten Schicksalsschlag hat die Erna Ernst 1975 die Interessengemeinschaft Therapeutisches Reiten Oberland mitgegründet. Bei der Geburt ihres Sohnes hatte es Komplikationen gegeben. Wegen Sauerstoffmangels wurde sein Gehirn schwer geschädigt. Die Ärzte empfahlen eine Physiotherapie mit dem Pferd. Daher überzeugte die Reichersbeuerin die Besitzerin des Straußenhofs in Waakirchen (Landkreis Miesbach), dort eine derartiges Behandlungsmöglichkeit zu etablieren. Rund 1500 bis 2000 Kinder sowie Erwachsene haben seit der Gründung der Interessengemeinschaft eine Therapie mit Pferden gemacht. Inzwischen arbeiten sieben ausgebildete Therapeuten am Straußenhof. Zusätzlich zur Hippotherapie existieren Angebote für pädagogisches Reiten und Behindertenreitsport. Jährlich nutzen etwa 50 bis 100 Menschen die Behandlungsmöglichkeiten. Der Verein besitzt sieben Pferde, von denen sechs regelmäßig im Einsatz sind.

In der Interessengemeinschaft war Ernst zwischen 1975 und 2012 Kassenwärtin. Sie warb um Spenden und Sponsorengelder, organisierte Tage der Offenen Tür sowie Hoffeste für Patienten. Ihnen half sie beim Auf- und Absitzen von den Pferden und bei vielem mehr.

Teilhabe am Sport

Um die Inklusion hat sich der 75-jährige Geretsrieder Franz Blecha verdient gemacht. Seit 2003 ist er Mitglied der BVS Geretsried, heute Reha-Sport-Freunde (RSF). Im Verein war er Vorsitzender, Kassenprüfer und Pressewart. Laut Landrat Niedermaier setzt er sich dafür ein, dass Alte und Behinderte ebenso wie Kriegsversehrte Sport treiben können. Damit fördere er die Inklusion und gebe den Betroffenen das Gefühl, nicht von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein. Jährlich organisiere Blecha ein Turnier des Kugelspiels Bosseln in Geretsried. In der Disziplin sei er Deutscher Meister und Vize-Meister geworden.

Zwischen 2007 und 2010 war Blecha zudem Delegierter in der Seniorenvertretung des Landkreises. Beim Kulturherbst 2012 wirkte er als Darsteller im Theaterstück "Aufstand" von Günter Wagner. Blecha bedankte sich für die Auszeichnung. Zudem entschuldigte er sich bei seiner Familie, die er wegen seines Engagements vernachlässigt habe. Er betonte, dass sein Einsatz nur zu leisten sei, weil ihn der Vereinsvorstand unterstütze. "Die Auszeichnung gehört nicht mir allein."

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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