Ehrenamtliches Engagement:Wem Ehre gebührt

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Susanne Arndt aus Egling ist seit mehr als 20 Jahren in Elternbeiratsgremien tätig. Georg Mair aus Gaißach war jahrelang der oberste Almbauer in Oberbayern. Für ihre ehrenamtlichen Verdienste hat der Freistaat die beiden nun mit der Verfassungsmedaille in Silber ausgezeichnet

Von Vanessa Neuss, /Gaißach

EglingEs ist eine Auszeichnung der eher seltenen Art. Susanne Arndt, die Vorsitzende der Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV), und Georg Mair, bis zum vergangenen Jahr Chef des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern (AVO), bekamen von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) kürzlich die Verfassungsmedaille verliehen. Der Freistaat würdigt mit diesem Preis nur Personen, "die sich aktiv für die Werte der Bayerischen Verfassung einsetzen", wie es in einer Mitteilung des Landtags heißt. Die SZ hat mit den beiden neuen Preisträgern gesprochen

Susanne Arndt

Die Qualifikation für ein Amt sei maßgeblich, sagt CSU-Listenkandidatin Susanne Arndt. (Foto: Hartmut Pöstges)

An Heiligabend durch die Gemeinde laufen, um Unterschriften zu sammeln. Wortgefechte mit Politikern, Lehrern und Vereinen führen. Für Schulen und vor allem deren Schüler einstehen. Das bestimmt seit mehr als 22 Jahren Susanne Arndts Alltag - in Elternbeiräten und in der LEV. Für ihr besonderes ehrenamtliches Engagement bekam sie nun die Verfassungsmedaille in Silber verliehen.

Arndts Credo lautet: "Wenn, dann richtig." Es gehe ihr darum "zu überzeugen, ohne dabei Fronten aufzubauen". Seit über zwei Jahrzehnten ist sie in Elternbeiratsgremien tätig und seit 2011 für 300 Schulen in ganz Bayern zuständig. Versteckt, wenn Ämter verteilt wurden, hat sie sich nie. Seitdem ihr erster Sohn den Kindergarten in Neufahrn in der Gemeinde Egling besuchte, beteiligte sie sich aktiv in Elternbeiräten. Dieses Engagement setzte sie im Elternbeirat der Eglinger Grundschule und schließlich im Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium in Icking fort. Nun wird auch ihr jüngster Sohn bald das Abitur machen. Vor zwei Jahren hat sich die Mutter von vier Kindern deshalb aus dem Vorstand des dortigen Elternbeirats zurückgezogen. Die ehrenamtliche Arbeit habe sie aber in vielerlei Hinsicht geprägt, sagt sie. "Am wichtigsten ist die Arbeit im Team." Auf Landesebene verhandelt sie mit dem Kultusministerium, dem Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB), Schüler- und Lehrervertretungen oder den Universitäten. "Politische Konfrontation muss man schon mögen", sagt sie, "und vor allem sollte man geduldig sein."

Um den Aufgaben einer Vorsitzenden gerecht zu werden, sei es unabdingbar, rechtliche Kompetenzen und umfangreiche Sachkenntnis vorzuweisen. Die 53-Jährige bezeichnet sich selbst als "rechtlich firm". Dies schätzen laut Würdigung des Landtags auch "Journalisten, Fachleute, Vereinigungen und Verbände". Arndt eilt der Ruf voraus, "ein großes Fachwissen" und eine "ausgleichende und überlegte Art" zu haben. Ihre Meinung sei immer gefragt.

Wer sie zu Hause in Neufahrn besucht, steht einer Frau gegenüber, die auf ruhige und überlegte Art Autorität ausstrahlt. "Als Elternbeirat muss man etwas tun, um ernst genommen zu werden - immer wieder aufs Neue", sagt sie. Es reiche oft nicht, Dinge ein- oder zweimal anzusprechen. Manchmal müsse man "mit dem Finger in der Wunde bohren", um gehört zu werden. Spricht sie über die neue Oberstufe an Gymnasien, erklärt sie kurz und knapp worum es geht. Nämlich nicht darum, ob G 8 oder G 9 besser sei, sondern darum, wie das jeweilige System umgesetzt werde. Der Unterricht müsse gut und sinnvoll sein, und da könnten sich alle Beteiligten "positiv einbringen". Weiterhin plädiert sie als LEV-Vorsitzende für einen sicheren Schulweg für alle Schüler. Ein Sitzplatz im Schulbus müsse für alle garantiert sein, auch im ländlichen Gebiet. An diesem Thema sei die Landeselternvereinigung schon seit 2009 dran.

Insgesamt nimmt die 53-Jährige bis zu 200 Termine im Jahr wahr - durchschnittlich seien es 20 bis 30 Stunden in der Woche. Ihren Hauptberuf als Krankengymnastin übt sie weiterhin aus. Zudem arbeitet sie ehrenamtlich als Jugendschöffin. Und natürlich ist Arndt auch noch Mutter von vier Kindern. Der Unterstützung ihrer Familie war und ist sie sich sicher: "Meine Kinder haben mich schon immer als aktive Mutter erlebt und unterstützt." Dieses Verständnis sei wichtig, wenn man ein so zeitintensives Ehrenamt ausübt. "Man muss dafür brennen."

Im kommenden Jahr will sie sich aus dem Vorstand der LEV zurückziehen. "Langweilig wird mir nicht", ist sich Arndt sicher. Sie könne sich schon länger vorstellen, ihre Erfahrungen in der Kommunalpolitik einzubringen. Derzeit steht die 53-Jährige auf Platz 39 der CSU-Kreistagsliste. "Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass ich in den Kreistag komme", sagt sie, "aber Lust habe ich auf jeden Fall."

Georg Mair

Die Familie von Georg Mair bewirtschaftet eine Alm im Lerchkogelgebiet südlich des Sylvensteinspeichers. (Foto: Manfred Neubauer)

Über 22 000 Hektar Almflächen erstrecken sich durch Oberbayern. Das entspricht etwa 31 000 Fußballfeldern - von Berchtesgaden bis Garmisch-Partenkirchen. Nicht nur grasende Rinder fühlen sich hier wohl, auch für zahlreiche andere Lebewesen wie Heuschrecken, Vögel und Pflanzen bieten die Almen ein Zuhause. "Das ist wirklich besonders an den Weideflächen", sagt Georg Mair. Von 2006 bis 2019 war er Vorsitzender des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern (AVO), davor Stellvertreter und noch früher Bezirksalmbauer.28 Jahre lang schenkte Mair den Almwirten Oberbayerns "Gesicht und Stimme", wie es in der Würdigung des Landtags heißt. Für sein Engagement wurde er nun mit der silbernen Verfassungsmedaille ausgezeichnet. Er habe mit "Kompetenz und Beharrlichkeit für die Almwirtschaft Hervorragendes" geleistet.

Beharrlichkeit hat Mair in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich schon einige Male gebraucht. Viele kleine und große Kämpfe musste er als Vorsitzender bewältigen. Gleich nach einigen Wochen im Amt sei er vor einer großen Aufgabe gestanden. Die Weideflächen auf den Almen sollten nur noch für den Skibetrieb genutzt werden. Da haben sich die Almbauern massiv gewährt. Bei einem Treffen am Brauneck mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LFU), Liftbetreibern und allen Beteiligten konnte Mair seinen Standpunkt darlegen und "bis heute ist die Sache vom Tisch", erzählt er lächelnd.

"Immer sachlich bleiben und nicht aus der Ruhe bringen lassen, das hilft oft", sagt Mair. Leider seien nicht alle Probleme so leicht zu beheben. Der Wolf und die Weidewirtschaft - das sei beispielsweise eine Problematik, die nicht so leicht aus der Welt zu schaffen sei. Auch in der Region gäbe es immer wieder gerissene Rinder, so Mair. Auf Reisen nach Skandinavien, Slowenien, aber auch nach Frankreich, Spanien und in die Schweiz suchte er nach Lösungen. Zäune und Herdenschutzhunde wären theoretisch eine Möglichkeiten, das sei allerdings schwierig umzusetzen. "Zäune trennen - und eigentlich soll in diesen FFH-Gebieten eine Vernetzung von Lebensräumen stattfinden", sagt der 66-Jährige.

Seinen Posten im Almwirtschaftlichen Verein gab er gerne an die jüngere Generation weiter, genau wie seinen eigenen Hof. "Man muss ja auch Platz machen für die jungen Leut." Eine gewisse Bodenständigkeit umgibt Mair. Als Vorsitzender des Fördervereins "Bundesminister Josef Ertl und Helmut Silbernagel" unterstützt er Almbauern, die in einer schwierigen Lage sind, zum Beispiel, weil sie unerschlossene Almen bewirtschaften. Trotz seiner vielschichtigen ehrenamtlichen Tätigkeit wirkt Mair eher bescheiden. So auch die Reaktion auf die Ehrung: "Da war ich wirklich sehr überrascht!"

Als der ehemalige Vorsitzende des AVO 1991 schwer erkrankte, bat er Mair kurz vor seinem Tod, für den stellvertretenden Vorsitz zu kandidieren. "Da macht keiner einen Rückzieher," sagt Mair entschieden. Von der Familie wäre er immer unterstützt worden. Heute führt sein Sohn den Almbetrieb der Familie. Der mache es zwar anders als er selbst, aber trotzdem gut, erkennt Mair schmunzelnd an. Auch kommunalpolitisch konnte er einige Erfahrungen sammeln, sowohl als Zweiter Bürgermeister von Gaißach, als auch 18 Jahre lang als Gemeinderat.

Wenn man das Sprachrohr für rund 1800 Mitglieder des Verbands sei, müsse man auf jeden Fall seriös sein und oft "massive Überzeugungsarbeit" leisten. Die Änderung des Bundeswaldgesetzes 2010 sei exemplarisch dafür. Das Gesetz besagt, dass Bergwaldflächen, die bis zu 40 Prozent bewaldet sind, offiziell als Almflächen gelten. Somit stehen den Almbauern Zuschüsse zu. Die Grünen und den Landesbund für Vogelschutz hätte der AVO hinter sich gehabt, doch der Bund Naturschutz wäre strickt gegen das Gesetz gewesen. "Da wurden in der Öffentlichkeit Lügen und Gerüchte gestreut", erinnert sich Mair, "da muss man ruhig bleiben und stichhaltig argumentieren."

Die ehrenamtliche Arbeit, ein eigener Almhof und die Kommunalpolitik - langweilig war es nie, so der 66-Jährige. Im Schnitt habe er zwei bis drei Tage in der Woche allein mit den Vorstandspflichten verbracht. Als Ehrenvorsitzender nehme er weiterhin an Sitzungen teil und auch auf dem Hof seines Sohnes helfe er mit, wenn nötig. "In vorderster Reihe muss ich aber nicht mehr sein", sagt Mair und lacht.

© SZ vom 18.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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