Brot und Spiele:"Immer eine Riesengaudi"

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Hans Irger trainiert Tanzlustige für den Kocherlball. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Hans Irger trainiert Tanzlustige für den Kocherlball

Interview von Stephanie Schwaderer

Seit Anfang der 80er Jahre widmet sich Hans Irger (Foto: Wolfsbauer) der Aufgabe, den Volkstanz unters Volk zu bringen. Beim Tölzer Kocherlball wirkte er bereits im Vorjahr als Tanzmeister. Heuer bereitet der pensionierte Volksschullehrer aus Wörnsmühl in einem Kurs Tanzbegeisterte auf die technischen Herausforderungen des frühmorgendlichen Vergnügens vor.

SZ: Muss man üben, bevor man sich am Sonntag auf die Tanzfläche wagt?

Hans Irger: Wenn es einem nicht so ergehen soll wie mir als jungem Burschen, besser schon. Ich war 22 und ein leidenschaftlicher Tänzer, als ich von meiner damaligen Freundin erstmals zu einem Volkstanz geschleppt wurde. Rundtänze wie den Wiener Walzer und Polka - all das konnte ich natürlich, aber dann stand nach der Pause eine Münchner Française auf dem Programm und ich wusste nicht mehr, wie mir geschah: Da wurde ich hinum- und herumgeschickt, nach links und rechts, ich war völlig durcheinander. Ein Kurs vorab wäre hilfreich gewesen. Aber wenn man mag, darf man sich ruhig ohne Vorkenntnisse ins Gewühle schmeißen. Das gibt immer eine Riesengaudi.

Was wird auf dem Tölzer Kocherlball alles getanzt?

Im Vordergrund stehen Paar- und Rundtänze: Polka, Walzer, Schottische und der Boarische, der nach dem Zweiten Weltkrieg Mode wurde. Und natürlich Zweischrittdreher. Dabei steht der rechte Fuß in der Mitte und mit dem linken geht man außen herum und dreht sich so um die eigene Achse. Das kann man mit einem wunderbaren Tempo und Elan machen. Dann gibt es natürlich auch Mazurkas und einen Galopp oder auch Rheinländer - das Programm richtet sich immer ein bisschen nach dem, was vom Publikum gewünscht wird.

Und eine Münchner Française?

Die gibt es natürlich auch, sie ist tänzerisch eindeutig der Höhepunkt. Noblere Musikanten wie die Musicanti Bavaresi spielen dazu die Fledermaus-Quadrille von Johann Strauß. Die Münchner Française ist ein Figurentanz, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts nach französischem Vorbild in und um München entwickelt hat. Sie besteht aus fünf Teilen. Normal reicht eine Kursstunde, um die Figuren zu erlernen.

Und was zieht man an?

Da gibt es verschiedene Auffassungen. Bayerisches Gewand geht immer. Wer es lieber historisch mag, kommt mit Anzug und Zylinder oder gar mit Schwalbenschwanz, dem Gehsthintre, wie man auf Bairisch sagt. Oder man geht als Pferdekutscher oder Schankkellner. So ist der Kocherlball ja entstanden: Dass die Bediensteten in aller Früh vor der Arbeit gemeinsam zum Tanzen gingen.

Wofür entscheiden Sie sich?

Fürs bayerische Gewand. Wenn's mich nicht zu sehr friert, zieh ich die Kurze an und drüber eine Joppe. Das geht immer.

Und wie lautet Ihre Empfehlung, um am Sonntagmorgen um 6 Uhr in Schwung zu kommen: Durchmachen oder früh aufstehen?

Früh aufstehen! Auf alle Fälle. Sonst kommt man ja schon mit hängenden Flügeln an.

Kocherlball im Tölzer Kurhaus, Sonntag, 14. Juni, 6 Uhr, es spielen Franz Mayrhofer und die Formation I Musicanti Bavaresi , der Eintritt ist frei

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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