Berufungsverfahren:Bewährung nach tödlicher Fahrt

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Landgericht wandelt Haftstrafe für 25-Jährigen um

Von Andreas Salch, Waakirchen/München

Feiern wollten sie und anstoßen auf ihre WG - drei junge Leute aus dem südlichen Landkreis. Doch noch ehe sie zusammenzogen, kam einer der drei bei einem Verkehrsunfall auf der B 472 zwischen Waakirchen und Bad Tölz ums Leben. In der Nacht auf den 5. Januar vergangenen Jahres hatte die künftige WG, zwei Männer, 19 und 25 Jahre alt, und ihre Mitbewohnerin, eine 28-Jährige, in einer Diskothek in Rosenheim gefeiert. Danach waren sie morgens mit dem Zug nach Hause gefahren, hatten sich ein paar Stunden hingelegt und fuhren am späten Vormittag mit dem Polo des 25-Jährigen von Waakirchen aus Richtung Bad Tölz. Es schneite stark, der 25-Jährige machte einen Fahrfehler, verlor die Kontrolle über sein Auto und schlitterte quer über die Fahrbahn in die Front eines entgegenkommenden SUV. Der 19-Jährige, der auf dem Beifahrersitz des Polo saß, erlitt bei der Kollision schwerste Verletzungen. Er starb noch am selben Tag an einem Thoraxtrauma im Tölzer Krankenhaus. Die beiden Insassen des SUV kamen mit leichteren Verletzungen davon.

Auch die 28-Jährige, die im Fond des Polo Platz genommen hatte, erlitt schwere Verletzungen, ebenso wie der 25-Jährige, der gefahren war. Er wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und vom Amtsgericht Wolfratshausen vor knapp einem Jahr zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Am Mittwoch jedoch hob das Landgericht München II diese Entscheidung, gegen die sowohl der Verteidiger des 25-Jährigen als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatten, auf und setzte die Strafe stattdessen zur Bewährung aus. Bei der Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende der 9. Strafkammer, Richter Christoph Oberhauser, es sei "keine leicht Entscheidung" gewesen, es handle sich um einen "Grenzfall".

Denn der 25-Jährige hatte in der Disco in Rosenheim Cannabis geraucht, eine halbe Tablette Ecstasy geschluckt sowie drei Bier und zwei Schnäpse getrunken. Nach nur fünf Stunden Schlaf Auto zu fahren, zeige ein sehr "hohes Maß an Fahrlässigkeit", betonte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer. Zudem habe die Fahrt aus einem nichtigen Grund stattgefunden. Der Angeklagte wollte mit seinen künftigen Mitbewohnern einen Freund besuchen. Ein Jahr und fünf Monate Haft forderte die Staatswaltschaft. Die Verteidigung plädierte auf eine Bewährungsstrafe zwischen elf und zwölf Monaten. Das Gericht hielt dem 25-Jährigen unter anderem zugute, dass er den Kontakt zu den Eltern des 19-Jährigen gesucht und nicht leicht habe erkennen können, dass er fahruntauglich war, da er vor dem Unfall geschlafen habe. Neben der Bewährungsstrafe verhängte die Kammer eine Geldauflage in Höhe von 4800 Euro.

© SZ vom 26.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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