Bad Tölz-Wolfratshausen:Lebensgefahr auf der Isar

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Nach den starken Regenfällen ist die Isar für Bootsfahrer gesperrt worden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wasserretter müssen am Wochenende mehrere Menschen aus der Isar retten. Ihre Boote waren gekentert. Die Landratsämter Bad Tölz und München erlassen Bootfahrverbote. Schaulustige und Uneinsichtige erschweren die Arbeit der Retter.

Von Stephanie Schwaderer, Bad Tölz-Wolfratshausen

Leichtsinnige Bootsfahrer haben am Wochenende ihr Leben und das zahlreicher Rettungskräfte aufs Spiel gesetzt. Obwohl Isar und Loisach derzeit Hochwasser führen und unter der Wasseroberfläche treibende Äste und Baumstämme eine tückische Gefahr darstellen, brachen viele Ausflügler mit Schlauchbooten und Kanus zu Vergnügungstouren auf. Allein im Einsatzbereich der Polizeiinspektion Wolfratshausen kam es am Samstag zu drei Großeinsätzen. Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen erließ daraufhin ein Fahrverbot für den Bereich zwischen Geretsried und Egling. Das Landratsamt München sperrte die Isar bis zur Großhesseloher Brücke.

"Einen solchen Tag brauchen wir nicht noch einmal", resümierte Polizeihauptkommissar Ingo Wagner am Sonntagmorgen. Der erste Notruf war bei ihm am Samstag gegen 12.10 Uhr eingegangen. Eine Frau hatte beobachtet, dass beim Ickinger Stauwehr ein Schlauchboot gekentert war und vier Leute über Bord gegangen waren. Während sich ein Großaufgebot an Rettungskräften auf die Suche machte, wurden die Gekenterten von anderen Bootsfahrern aus der Isar gefischt und von der Feuerwehr bei der Dürnsteiner Brücke an Land gebracht. Die vier Studenten aus München im Alter zwischen 28 und 31 Jahre waren laut Polizeibericht "sichtbar betrunken".

Schaulustige behindern die Rettungskräfte

Großes Glück hatten laut Hauptkommissar Wagner zwei Männer, die mit einem "völlig untauglichen Bötchen" am Ickinger Wehr in Not gerieten. Gegen 14.40 Uhr hatte ein Passant die um Hilfe rufenden Männer bemerkt. Wieder wurde ein Großaufgebot an Rettungskräften mobilisiert, darunter die Feuerwehren aus Weidach und Wolfratshausen, Wasserwacht und Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), das Rote Kreuz sowie ein ADAC-Rettungshubschrauber.

Die beiden 36-jährigen Bootsfahrer aus Worms und Würzburg waren von den Wassermassen gegen einen Rechen des Wehrs gedrückt worden und nicht mehr in der Lage, sich zu befreien. Ihr Boot drohte zu kentern. Wanderer aus Taufkirchen warfen den beiden Leinen zu und sicherten sie bis zum Eintreffen der Rettungskräfte. "Wären sie ins Wasser gefallen, wären sie mit Sicherheit im Sog ertrunken", sagt Wagner. Auch eine Bergung per Motorboot war wegen der starken Strömung nicht möglich. Deshalb mussten sich Feuerwehrleute vom Wehr aus abseilen. Was Wagner als "sehr bedenklich" einstuft: Etwa 40 Schaulustige beobachteten das Geschehen und behinderten den Einsatz. "Die Polizei musste mehrfach Platzverweise aussprechen, um den Rettungskräften den Zugang zu ermöglichen."

Der nächste Notruf ging um 16.45 Uhr ein. Bei der Marienbrücke bei Wolfratshausen hatten sich 20 Frauen und Männer an Land gerettet, die in einer Gruppe mit 40 Personen und vier Schlauchbooten gestartet waren. Wie sich herausstellte war die andere Hälfte der Gruppe bei Geretsried auf einer Kiesbank gestrandet und vom Ufer abgeschnitten. Die Wasserwacht brachte sie unversehrt in ihren Schlauchbooten zur sicheren Ausstiegsstelle der Marienbrücke. Auch an diesem Einsatz waren mehrere Feuerwehren der Umgebung, Wasserwacht, DLRG und ein Rettungshubschrauber beteiligt.

Gegen 16 Uhr erließ das Tölzer Landratsamt das "Befahrverbot" für die Isar zwischen der Tattenkofener Brücke in Geretsried und der Dürnsteiner Brücke bei Egling. Zugleich sperrte das Münchner Landratsamt die Isar von der Landkreisgrenze bis zur Großhesseloher Brücke. Im Oberlauf der Isar gibt es nach Auskunft von Toni Stowasser, dem Sachgebietsleiter für Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Tölzer Landratsamt, bislang "keine Probleme". Lediglich drei Burschen, die von Donnerstag auf Freitag auf einer Halbinsel bei Vorderriß gezeltet hatten, war das rasch ansteigende Hochwasser zum Verhängnis geworden: Als sie am Freitag gegen 11 Uhr erwachten, sahen sie sich von reißenden Wassermassen eingeschlossen und mussten von der Wasserwacht gerettet werden.

Heikel ist die Lage für Bootsfahrer laut Stowasser von Geretsried ab flussabwärts. "Die Isar führt ausgerissene Büsche und Bäume mit sich, und das Wasser ist so trüb, dass das für Bootsfahrer nicht erkenntlich ist." Schlauchboote liefen somit Gefahr, aufgeschlitzt zu werden. Wie lange das Verbot bestehen bleiben soll, will Stowasser am Montag mit den Kollegen vom Wasserwirtschaftsamt besprechen. Klar sei jedoch, dass vom Sylvensteinspeicher in diesen Tagen wieder mehr Wasser abgegeben werde, um auf einen normalen Pegelstand zu kommen. Mit Hochwasser sei daher auch in den nächsten Tagen zu rechnen.

Flächendeckend kontrollieren lässt sich das Fahrverbot, das seit dem Wochenende auch über den Rundfunk bekannt gemacht wird, nicht. Im Bereich Geretsried hat Stowasser Schilder aufstellen lassen, ebenso an der Wolfratshauser Marienbrücke. Dorthin musste am Samstag eine Polizeistreife ausrücken, weil Uneinsichtige trotz Warnung durch die Wasserwacht ihre Schlauchboote ins Wasser lassen wollten. Ihnen wurde ein Platzverweis erteilt.

Richard Vogl, Einsatzleiter der Wasserwacht, rät selbst erfahrenen Schwimmern dringend davon ab, in der Isar zu baden. "Selbst für unsere Einsatzkräfte, die gut ausgerüstet und gesichert sind, ist das extrem gefährlich." Es sei ein großes Glück, dass alle Bootsunfälle am Samstag glimpflich ausgegangen seien - "auch für die Retter". Am Sonntag hatte der Bootsbetrieb auf der Isar deutlich nachgelassen. Vogls Fazit: "Das Verbot wirkt."

© SZ vom 08.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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