Die Kundschaft, die der Arzbacher Michael Angermeier noch vor zwei Jahrzehnten auf seinen Flößen hatte, war nicht immer angenehm. Damals habe man oft "B'suffene" auf der Isar gefahren, sagt der Floßmeister. Aber das habe sich mittlerweile geändert. Seine Gäste kämen nicht mehr, um bierselig zu feiern, sie interessierten sich für die Historie des Flößerhandwerks und "wollen einfach einen schönen Tag erleben", wie Angermeier erzählt. Dieser Wandel hat für Andreas Wüstefeld damit zu tun, dass sich Touristen überhaupt wieder der Heimat zuwenden. "Sie fragen, wo sind unsere Wurzeln, wo kommen wir her", sagt der Leiter des "Tölzer Land Tourismus". Eine neue, 24 Seiten starke Broschüre mit dem Titel "Flößerei - Tradition und Brauchtum entlang der Isar" soll diesen Wissensdurst mit vielen Bildern und eher kurz gehaltenen Texten stillen.
Der Prospekt gibt einen geschichtlichen Abriss der Flößerei, die im Tölzer Land bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht, erläutert das Brauchtum rund um diesen alten Berufszweig und führt die Angebote in den vier Flößer-Gemeinden Wolfratshausen, Geretsried, Bad Tölz und Lenggries auf. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus den vier Orten, der Flößereibetriebe Seitner und Angermeier sowie des Tölzer Land Tourismus erarbeitete das Heft, das in 15 000 Exemplaren. Herausgekommen sei eine "tolle Broschüre, die dem Gast wieder etwas Aktuelles in die Hand gibt", sagt Koordinatorin Maria Kreidl vom Tölzer Land Tourismus.
Internationaler Flößertag findet 2016 in Lenggries statt
Der Zeitpunkt dieser Neuauflage ist kein Zufall. Lenggries ist im Juni 2016 Schauplatz des internationalen Flößertags. Dazu werde es ein Fest mit Markttreiben geben, avisiert die Leiterin der Gästeinformation, Ursula Grottenthaler. Seit 2009 trägt die Brauneck-Gemeinde das Prädikat "Internationales Flößerdorf", überall in den Straßen ist das alte Handwerk präsent. In den Lüftlmalereien, in dem Holzfloß vor dem Rathaus, im Heimatmuseum mit seinen Exponaten. Die Ausstellung dort sei "speziell auf die Flößerei ausgerichtet", sagt Leiterin Manuela Strunz.
2017 ist Wolfratshausen an der Reihe. Der deutsche Flößertag findet dort vom 19. bis zum 21. Mai statt. Für Gisela Gleißl kommt dieser Termin wie bestellt, fällt er doch mit dem Tag des Heiligen Nepomuk und daher mit der Johannifloßprozession am 20. Mai zusammen. Der Umzug sei "eine Leonhardifahrt zu Wasser", sagt die städtische Tourismus-Beauftragte. Die Flößerei sei für Wolfratshausen, das den Titel "Internationale Flößerstadt" trägt, das große Aushängeschild im Fremdenverkehr. Zu den Angeboten für Gäste zählen unter anderem der Flößerpfad, die Sonderschau im Heimatmuseum und ein Audio-Guide.
Auch Geretsried hat seine Bezüge zu dem alten Handwerk. Zum Beispiel am Einödhof, wo die Flößer auf dem Rückweg von München eine Rast einlegten und noch die Reste eines Kalkofens vorhanden sind. Es sei auch geplant, das Thema in die Stadtführungen einzubauen, allerdings müsse man dazu erst einen Ehrenamtlichen finden, der dies aufbereite, sagt Ilka Dietrich-Naumann, Leiterin für Tourismus und Stadtmarketing. Für Bad Tölz steht die Flößerei nicht im Mittelpunkt der Gästewerbung. Im Stadtmuseum ist ihr jedoch ein Teil der neu konzipierten Ausstellung gewidmet. Zudem biete man neuerdings eine Stadtführung an, die sich mit der Historie befasse und eine Verkostung von "Isar-Kieseln" und "Bratwurstflößen" beinhalte, sagt Kurdirektorin Brita Hohenreiter.
Eines seiner Wassergefährte hat Floßmeister Angermeier am Montag hinauf zum Sylvensteinsee gebracht. Darauf will er künftig Touristen über den See fahren und in 20-minütigen Touren viel über das Flößereiwesen erzählen. Dies spukte ihm schon lange im Kopf herum. "So etwas war noch nie da", sagt er.