Bad Tölz-Wolfratshausen:Die Polizei verschreckt die Gäste

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Wirte im Süd-Landkreis sehen sich als Opfer des G-7-Gipfel-Großeinsatzes. Der Umsatzrückgang sei "wirklich krass"

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

"Ein Schweinsbraten ohne ein Bier, das ist doch nichts Halbes und nichts Ganzes", sagt Klaus Wimberger, seit dreieinhalb Jahren Wirt des Fallerhofes in Fall in der Gemeinde Lenggries. Doch derzeit kämen viel zu wenige Besucher in diesen Genuss, zumindest im Fallerhof. Gerade die Grenzregion im Süden des Landkreises leidet nach Ansicht von Wimberger derzeit unter den intensiven Kontrollen und der enormen Präsenz von Gesetzeshütern, die der größte Polizeieinsatz in der Geschichte Bayerns, der G-7-Gipfel, mit sich bringt.

Normalerweise ist der Fallerhof insbesondere bei Fahrradfahrern und Ausflüglern in dieser Jahreszeit beliebt, sagt Wimberger. "Aber im Moment drehen alle wieder vor Fall um", weiß der Wirt. Denn es sei "wirklich krass": Ganz Fall sei voll mit Polizeibeamten, zudem werde überall und sehr streng kontrolliert. "Da traut sich einfach keiner mehr bei uns vorbei", sagt Wimberger. Wer trinke schon ein Bier, selbst wenn man die Promillegrenze damit unterschreitet, "wenn draußen die Polizei in Mannschaftsstärke wartet", frage er sich. Zudem kämen auch keine Besucher mehr aus dem angrenzenden österreichischen Schwaz zu ihm: "Wenn die Straßen gesperrt und überall Kontrollen aufgebaut werden, das tut sich kein Tourist an. Wer nicht zwingend geschäftlich hierher muss, der wählt andere Routen."

Dabei sei er vom Tourismusgeschäft wirtschaftlich abhängig. Da er keine Zimmer vermiete, könne er die Umsatzeinbußen nicht ausgleichen, indem er an Polizeibeamte vermiete. "Und von denen, die in der Nähe untergebracht sind, war noch keiner beim Essen hier", bedauert er. Dass der G-7-Gipfel und damit die Polizeiüberpräsenz bald wieder vorbei sein dürfte, tröstet ihn nicht. "Erst hatten wir große Umsatzeinbußen wegen des ständigen Regenwetters, und jetzt kommt keiner wegen der Kontrollen. Was jetzt nicht eingenommen wird, kompensieren wir nicht mehr."

Ähnliche Erfahrungen macht momentan Johann Haidinger, Wirt des Gasthauses Post in Vorderriß: "Nur noch Polizeiautos, ansonsten sind die Straßen leer." Die Polizeipräsenz "verschreckt einfach, die Leute haben Angst", glaubt Haidinger. Normalerweise beschäftige er in den Pfingstferien bis zu drei Bedienungen, im Moment reiche der Umsatz nur noch für eine. Und während andere Gasthäuser mit Zimmervermietung in Walchensee oder Kochel das kompensieren könnten, weil dort statt Touristen Polizeibeamte einquartiert wurden, "hat bei uns leider keiner angefragt", bedauert Haidinger. Aber: "Wenn man mit Kollegen spricht, trifft es offenbar vor allem diejenigen, die in Grenznähe sind", glaubt er.

Das bestätigt Monika Poschenrieder, Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands: "Aus Bad Tölz und Umkreis habe ich diesbezüglich noch keine Klagen von Wirten gehört", sagt sie auf Nachfrage der SZ. Umsatzeinbußen seien zwar grundsätzlich schwer zu beziffern, dennoch rät sie den Betroffenen, sich kundig zu machen über Möglichkeiten zur Schadensregulierung.

Eine Schadensausgleichsstelle wurde inzwischen im Landratsamt Garmisch-Partenkirchen eingerichtet. Ob diese oder doch eine andere Stelle bei Schäden oder Umsatzeinbußen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen greift, wird nach Angaben einer Vertreterin aber "noch besprochen"

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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