Bad Tölz-Wolfratshausen:Der heimliche Jäger

Lesezeit: 2 min

Der Habicht ist der Vogel des Jahres 2015 - auch Naturschützer sind mit ihm nicht immer glücklich

Von Ingrid Hügenell, Bad Tölz-Wolfratshausen

Einen schwierigen Gesellen haben der Naturschutzbund Deutschland Nabu und sein bayerischer Partner, der Landesbund für Vogelschutz (LBV) ausgesucht: Der Habicht (Accipter gentilis) ist der Vogel des Jahres 2015. Er ist weder bei Jägern noch bei Geflügelbesitzern beliebt, erbeutet er doch gerne Fasane und Hasen und eben auch Hühner. Ungeschütztes Federvieh ist für den Habicht leichte Beute. Der hockt ruhig auf einem Baum und wartet, bis ein Vogel richtig sitzt. Blitzschnell schlägt er dann zu, schleift seine Beute ins Unterholz und vertilgt sie dort, wie Sabine Tappertzhofen von der Wolfratshauser Geschäftsstelle des LBV erklärt.

Nicht einmal Naturschützern seien immer glücklich über den Habicht und seine Ernährungsgewohnheiten, weiß die Biologin; denn zuweilen erbeutet er auch die seltene Hohltaube, Dohlen oder einen Wespenbussard. Ähnlich des Habichts "kleiner Bruder", der Sperber. Der frisst die am Futterhaus aufgepäppelten Singvögel. Das sei zwar nicht schön, aber notwendig, erklärt Tappertzhofen. "Sogenannte Raubtiere sind ein wichtiger Teil der Nahrungskette und tragen zur Gesunderhaltung der Bestände bei." In den Städten, in Parks und Friedhöfen, kommt der Habicht immer häufiger vor, und dort sehen ihn viele gerne. Denn er hilft, wenig beliebte Vogelarten wie Haustauben und Krähen in Schach zu halten.

Wie viele Habichte es im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gibt? "Es wäre schön, wenn wir das wüssten", sagt Tappertzhofen. Sie schätzt den Bestand auf 20 bis 30 Brutpaare. Anders als Bussard und Rotmilan kreist der Habicht nicht am Himmel.

Er ist ein "Ansitzjäger", wartet also auf einem hohen Baum darauf, dass die Beute sich günstig präsentiert und stößt dann herunter, um sie zu schlagen. Wegen dieser "heimlichen" Lebensweise ist er nur selten zu sehen. Zudem kann er im Flug leicht mit Bussard oder dem etwas kleineren Sperber verwechselt werden.

Dass nun nach dem Grünspecht, Vogel des Jahres 2014, ein Greifvogel ausgewählt wurde, liegt daran, dass die Naturschutzverbände darauf hinweisen wollen, dass Habicht wie viele seiner Verwandten immer noch der illegalen Verfolgung ausgesetzt ist, obwohl die Jagd auf den Greifvogel seit den 1970er Jahren verboten ist. den Habicht, der sich anders als Mäusebussard und Milan nicht nützlich macht, indem er Mäuse fängt und der auch kein beeindruckendes Wappentier ist wie der Adler, trifft es dabei besonders hart. Mit Habichtkörben würden Tiere gefangen, Jungvögel aus den Horsten genommen um sie zu töten oder teuer an Liebhaber zu verkaufen, schreibt der LBV.

LBV und Nabu sprechen sich dafür aus, den Verkauf von Habichtfangkörben zu verbieten, deren Benutzung ohnehin nicht erlaubt ist. Zudem müssten in der Umgebung von Greifvogelnestern sogenaannte Horstschutzzonen eingerichtet werden, in denen Forstwirtschaft und Jagd vor allem während der Brutzeit zwischen März und Juni ruhen sollten. In einigen Bundesländern ist das bereits gesetzlich vorgesehen. Nicht mehr zugelassen werden soll, dass junge Habichten aus den Horsten genommen werden. "Illegale Greifvogelverfolgung ist kein Kavaliersdelikt", erklärt der LBV. Sie solle systematisch erfasst, aufgeklärt und angemessen geahndet werden. "Dafür müssen speziell geschulte Einheiten und Koordinationsstellen bei der Polizei in den Naturschutzbehörden der Länder ind allen Bundesländern eingerichtet werden", fordern die Vogelschützer.

© SZ vom 02.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: