Bad-Tölz-Wolfratshausen:Der Borkenkäfer lauert

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Der Borkenkäfer befällt auch gesunde Bäume. Durch die Fraßgänge werden die Leitungssysteme der Bäume in der Rinde geschädigt, die Fichten sterben - im schlimmsten Fall ganze Bestände. (Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Die Schädlinge haben sich explosionsartig vermehrt. Schon im April flogen die ersten aus - so früh wie nie. Waldbesitzer und Förster hoffen, befallene Bäume früh genug zu entdecken

Von Ingrid Hügenell, Bad-Tölz-Wolfratshausen

Waldbesitzer und Förster erwarten ein Rekordjahr, was den Befall von Fichten durch den Borkenkäfer betrifft. Johann Killer, der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen (WBV), schlägt Alarm: "Schon Anfang April schwärmten zahlreiche Käfer aus - so früh wie noch nie." Er ruft alle Waldbesitzer auf, ihre Bäume auf Käferbefall zu kontrollieren. Und auch im Staats- und Kommunalwald sind Waldarbeiter und Förster unterwegs, um nach den gefräßigen Insekten Ausschau zu halten.

In Egling, zwischen der Pupplinger Au und Neufahrn gibt es eine Untersuchungsstelle der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Dort werden Borkenkäfer mit spezifischen Geruchsstoffen, sogenannten Pheromonen, angelockt. Schon um den 10. April und auch wieder zu Beginn dieser Woche fanden sich in den Fallen außergewöhnlich viele der Insekten: Im April waren es etwa 4000, an diesem Montag fast 2400. "So früh wie noch nie" habe man in diesem besorgniserregenden Umfang Käfer entdeckt, sagt der Wolfratshauser Revierförster Robert Nörr.

Die Werte kennt auch Killer, und er ist ebenso besorgt. Zwar hätten der viele Regen und die niedrigen Temperaturen der vergangenen Wochen den Bäumen gut getan, erklärt Killer. Aber bis 20. April sei es sehr trocken und warm gewesen. Unter der Rinde der Bäume säßen die Käfer um bei wärmerem Wetter auszufliegen und weitere Bäume zu befallen. "Wir erwarten in den nächsten beiden Wochen die erste große Schwärmwelle."

"Der Käfer hatte seit 2015 perfekte Bedingungen", erklärt Revierförster Nörr. Er vermehre sich bei Trockenheit gut, und durch die Windwürfe nach dem Sturm von Ende März/Anfang April habe er viel zu fressen gefunden. So hätten sich im vorigen Jahren zwei Generationen von erwachsenen Tieren entwickeln können, eine dritte bis ins Larven- oder Puppenstadium. In dieser Form überwintern die Tiere unter der Rinde der Fichten, sie überstehen auch Frost.

Passen die Wetterbedingungen, wachsen sie weiter, schlüpfen und sprengen die Rinde ab. Der kleine Käfer sei eher träge, sagt Killer. "Die lassen sich von der Thermik und dem Wind mittragen." Da in Bayern Westwinde vorherrschten, müssten vor allem die Ostränder von "Käferlöchern" aufmerksam begutachtet werden. Käferlöcher sind Lücken im Wald, die entstanden, als im vorigen Jahr vom Borkenkäfer befallene Fichten gefällt und aus dem Wald gebracht wurden. Den Befall können Waldbesitzer an braunem Bohrmehr erkennen, das vor allem in Trockenphasen auf den Schuppen der Rinde oder auf Moos und Blaubeeren gut zu sehen ist. Zwar sei die Suche danach aufwendig, aber sie lohne sich, erklärt Killer: "Je mehr käferbefallene Fichten wir bei der ersten Schwärmwelle erkennen und aus dem Wald bringen, desto geringer wird der Folgebefall." Befallene Bäume müssten gefällt und mindestens 500 Meter aus dem Wald gebracht werden.

Wenn viele Fichten gefällt werden müssen, kommt auch viel Holz auf den Markt, dann sinken die Preise - Forstbetrieb wie Waldbesitzer haben finanzielle Probleme. Schon im vorigen Jahr habe die WBV 100 000 Kubikmeter Holz verkauft, Killer zufolge ein sehr hoher Wert. Noch immer sei die Fichte der häufigste Baum in den bayerischen Wäldern. Vor allem die 40 bis 50 Jahre alten Fichtenbestände seien durch den Käfer gefährdet, sagt Nörr. Die neueren Wälder seien stärker durchmischt und daher weniger gefährdet. Auch die WBV baue die Wälder verstärkt um, sagt Killer, vor allem Tannen seien gepflanzt worden. Weißtannen sind widerstandsfähiger als Fichten, sie hätten den trockenen Sommer 2015 "perfekt" überstanden, erklärt Nörr. Killer hat festgestellt, dass in den WBV-Wäldern immer mehr Tannen und auch Buchen natürlich nachwachsen. Die Entwicklung freut ihn. Er führt sie vor allem auf die "wesentlich verbesserte Jagd" zurück.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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