Bad Tölz-Wolfratshausen:Ausstieg aus dem Pflegeheim verschoben

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Mehrheit des Kreistags will Alternativen zur Privatisierung der Lenggrieser Einrichtung prüfen lassen

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Abstimmung war eindeutig: Der Landkreis will das Kreispflegeheim in Lenggries nicht mehr länger betreiben. Auch in einen Neubau zu investieren lehnte der Kreistag mehrheitlich ab. Allerdings wollten viele Kreisräte in der letzten Sitzung vor Weihnachten keinen abrupten Ausstieg. Als Schlupfloch wollten 32 Kreisräte die Möglichkeit offen halten, dass sich der Kreis im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit am Pflegeheim-Neubau beteiligt. 21 Räte stimmten dagegen. Die Vereinbarung zwischen dem Landkreis und Lenggries über die Nutzung des gemeindeeigenen Grundstücks wird nun doch nicht zum Ende dieses Jahres gekündigt. Die Kündigung soll erst Ende 2017 erfolgen. Die Verwaltung wurde beauftragt, geeignete private oder frei-gemeinnützige Träger sowie Investoren zu finden.

Der Einrichtung an der Karwendelstraße droht die Schließung, weil die baulichen Gegebenheiten nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Es gibt unter anderem zu wenige Einzelzimmer. Die Fraktionen waren sich einig, dass das Kreispflegeheim in dieser Form nicht mehr fortgeführt werden könne. Umstritten ist, ob der Landkreis das Haus privatisieren soll. Der Kreisrat und Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl (CSU) berichtete aus den beiden Treffen der Arbeitsgruppe Pflegeheim.

So sei die Verwaltung gebeten worden, die Kosten gegenüberzustellen für die Varianten "Landkreis behält das Heim" und "Landkreis gibt das Heim ab". Ebenso sollte zusammengestellt werden, wie der Übergang des Personals stattfinden werde. Geplant ist, dass der neue Heimbetreiber das vorhandene Personal zu den bestehenden Konditionen übernimmt, auch wenn er keine Löhne nach dem Tarif im öffentlichen Dienst bezahlt. Das gilt auch für die Altersvorsorge der Mitarbeiter. Die Differenz trägt der Landkreis. Beide Aufstellungen seien nie vorgelegt worden, sagte Weindl. Damit fehlten wichtige Entscheidungsgrundlagen. "Es macht den Anschein, als wolle man eine nachgefragte Kreiseinrichtung so schnell als möglich loswerden."

Cornelia Irmer (FW) konterte, man sei in der Arbeitsgruppe frustriert gewesen, weil die Historie des Heims ständig wiederholt worden sei. Deshalb sei man in der Diskussion nicht vom Fleck gekommen. Das Personal brauche sich keine Sorgen zu machen, werde der Landkreis bei seinen Verhandlungen mit potenziellen Trägern auf die dynamische Besitzstandswahrung achten.

Dass das Personal langfristig keine Einbußen hinnehmen wird müssen, wollen etliche Kreisräte nicht glauben. Klaus Barthel (SPD) kritisierte, dass er in den Beschlussvorschlägen nur "Fundamentalpositionen" finde. Selbst wenn das vorhandene Personal weiterhin die gewohnten Bezüge erhalte, sagten doch die Gutachten zum Pflegeheim, dass die Kosten gesenkt werden könnten, wenn Personal ohne Tarifbindung eingestellt würde. "Damit haben wir in Zukunft dort ein Zwei-Klassen-Beschäftigungssystem", warnte Barthel. Thomas Holz (CSU) wies darauf hin, dass ein neuer Träger sich nur ein Jahr an die Abmachungen halten müsse. Landrat Josef Niedermaier (FW) wies dies zurück. Der Kreis werde darauf achten, dass das Personal keine Einbußen werde hinnehmen müssen.

Weindl erinnerte daran, dass es nach dem ersten Gutachten zum Pflegeheim ein Gespräch im Dezember 2014 im Landratsamt gegeben habe. Thema: Die Gründung einer gemeinnützigen GmbH mit der Gemeinde Lenggries und dem Landkreis als Partner zum Bau und Betrieb eines neuen Heimes. Damals habe es geheißen, das Landratsamt lasse diese Möglichkeit prüfen. "Geschehen ist nichts", sagte Weindl. Auch der Gemeinderat hatte den Kreis um Antwort gebeten, zu welchen Bedingungen der Landkreis einer gemeinsamen Trägerschaft zustimmen könnte. Lenggries sei bereit, in einer solchen Konstellation das Grundstück für einen Neubau kostenlos zur Verfügung zu stellen. Einem privaten Investor könne man es aber nicht so überlassen.

Eine gemeinsame GmbH hätte Auswirkungen auf die Kreisfinanzen, sagte Niedermaier. Dabei dränge doch die CSU stets darauf, dass der Kreis keine neuen Schulden machen dürfe. Weil einige Kreisräte fanden, es seien noch nicht alle Möglichkeiten für den künftigen Betrieb des Pflegeheims geprüft, sprach sich das Gremium mehrheitlich dafür aus, das nächste Jahr für die Entscheidungsfindung zu nutzen. Niedermaier hatte kürzlich bei einem Pressegespräch erklärt, es gebe Dutzende Bewerber, die Interesse am Betrieb des Heimes hätten.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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