Bad Tölz:Vogelzug

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Nach 13 Jahren in seinem Künstlernest im Ratzenwinkl verlässt "Birdman" Hans Langner Bad Tölz. In der Stadt löst der Abschied des ebenso bescheidenen wie geschäftstüchtigen Originals großes Bedauern aus.

Stephanie Schwaderer

"Das war das wohl größte Geschenk in meinem Leben": Hans Langner hat in Bad Tölz ein altes Austragshäuschen in einen vogelwilden Künstlertraum verwandelt. Am Sonntag will er die meisten seiner Schätze verkaufen. Für finanzschwache Fans gibt es "cheap art sensation". (Foto: Manfred Neubauer)

Sein erklärtes Ziel war es, Bad Tölz in "Bird Tölz" umzubenennen. Nun kehrt Hans Langner der Kurstadt den Rücken und zieht zu seinem Lebensgefährten nach Ismaning. Der Entschluss dazu sei in den vergangenen vier Jahren gereift, sagt der 48-Jährige. "Ich bin kein Mensch, der zwei Häuser braucht." Der Landkreis verliert mit dem "Birdman" einen seiner bekanntesten Künstler - und ein einzigartiges Kunstwerk: das Vogel-Häuschen im Ratzenwinkl.

Das entrückte Künstlernest, ein ehemaliges Austragshäuschen, das Langner in 13 Jahren mit Akribie und Hingabe in eine anrührende Installation verwandelt hat, ist durch diverse Publikationen bekannt geworden. "Es war das wohl größte Geschenk meines Lebens", sagt der gebürtige Karlsruher, der das Haus gemietet und dort lange Zeit sehr bescheiden, ohne Strom und fließend Wasser, gelebt hat. Am Sonntag, 28. April, öffnet er noch einmal die Türen für Gäste: Von 10 bis 16 Uhr ist Ausverkauf angesagt.

Langner will sich von (fast) allem trennen, was nicht niet- und nagelfest ist. Zudem ist der geschäftstüchtige Künstler zum Abschied noch einmal in die Massenproduktion gegangen. Unter dem Motto "cheap art sensation" will er am Sonntag kleine Arbeiten ab 10 Euro unters Volk bringen. "Jeder soll sich einen echten Birdman leisten können", sagt er. Zur Jahrtausendwende hatte Langner schon einmal einen radikalen Neuanfang vollzogen. Damals vermachte er sein komplettes Werk, 2000 Arbeiten, einem holländischen Museum. "Ich kann alles loslassen", sagt er. "Je weniger Anhaftung an Menschen oder Dinge man hat, desto geringer ist der Schmerz."

Nicht zum Verkauf stehen Unikate wie der Moostisch oder das Hörner-Sofa ("mein Thron"), mit denen Langner eigene Pläne hat. Andere Arbeiten wie bemalte Decken und Wände lassen sich nicht entfernen und bleiben den Nachmietern erhalten. Drastisch verändern wird sich in Kürze die Außenansicht des Häuschens.

Der Schuppen, ein Holzvorbau, auf dem sich Vogel an Vogel schmiegt, wird in Einzelteile zerlegt und zieht mit dem Birdman weiter. Er soll den Grundstock zu einem "mobilen Museum" bilden, das Langner vorschwebt: "Ein einfaches, einstöckiges Holzhaus, das im Außenbereich von Museen aufgebaut werden kann." Zu sehen gäbe es darin bekannte Unikate aus dem Ratzenwinkl, Kunst, Fundstücke und Raritäten.

Auch den Tölzern will der Birdman verbunden bleiben - nicht nur, weil er sich an einigen Wänden wie an der Kletterhalle oder der Lettenholzschule verewigt hat. Vor kurzem habe ein Kindergärtner bei ihm angerufen und gefragt, ob er die Bemalung der Siloballen fortsetzen könne, erzählt Langner. "Das hat mich riesig gefreut. " Die bunten Vogelballen in den Wiesen hatten ihn im Jahr 2001 in der Region schlagartig bekannt gemacht.

In der Stadt löst Birdmans Abschied Bedauern aus. "Langner ist ein ganz besonderes Original", sagt Bürgermeister Josef Janker. Auch durch viele soziale Aktivitäten, etwa Workshops mit Kindern, habe er das kulturelle Leben bereichert. Die Tourist Info erwäge nun, künftig "einen Auszug aus seinen Werken im Stadtmuseum zu präsentieren".

In Ismaning wird sich Langner neuen Aufgaben zuwenden. Im vergangenen Jahr hat er eine Ausbildung zum Hospizhelfer gemacht. Derzeit begleitet er einen jungen Mann, der gerne malt. "Das lässt sich natürlich gut mit meinen Vögeln verbinden", sagt er. Radikal wird sich der Birdman von seiner Vergangenheit also nicht lösen. Sein neues Domizil liegt passenderweise an der Rebhuhnstraße.

Tag der offenen Tür und Verkauf, Sonntag, 28. April, 10 bis 16 Uhr; im Ratzenwinkl gibt es keine Parkplätze, Besucher werden gebeten, am Waldfriedhof oder im Gewerbegebiet Farchet zu parken

© SZ vom 23.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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