Asylbewerber:Urteil stößt auf Unverständnis

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Bürger protestieren gegen das Verbot, auf der Flinthöhe Container für Flüchtlinge aufzustellen. Der Landkreis sucht nun fieberhaft nach neuen Standorten für Unterkünfte, auch Turnhallen sind wieder im Gespräch

Von Suse Bucher-Pinell, Bad Tölz

Was viele denken, haben Unbekannte schwarz auf weiß an die roten Wohncontainer beim Landratsamt gehängt. "Liebes Verwaltungsgericht, warum musste dieser Platz scheitern? Das ist echt so peinlich." Darüber steht in noch größeren Lettern: "Entsetzend, bestürzend, beschämend". Am Freitag hatte das Bayerische Verwaltungsgericht (VG) der Klage eines Anwohners stattgegeben und verfügt, dass auf dem Grundstück des früheren Kinos im Gewerbegebiet auf der Flinthöhe keine Asylbewerberunterkunft für etwa 70 Personen aufgebaut werden darf. Übers Wochenende haben Bürger ihrem Unmut darüber Luft gemacht. Die Module stehen seit Wochen bereit, binnen sechs Wochen hätten sie bezugsfertig sein können.

So war der Plan, eine Niederlage war offenbar nicht einkalkuliert. Stattdessen sitzen die Mitarbeiter im Landratsamt nun daran, einen Ersatzstandort für die notwendige Gemeinschaftsunterkunft zu finden. "Wir prüfen alle uns bekannten Baugrundstücke, die zugunsten der Kinofläche an zweite oder dritte Stelle gerutscht waren", sagt Thomas Bigl, zuständiger Sachgebietsleiter im Landratsamt. Lage, Baurecht, Anschluss an Kanal, Strom und Trinkwasser, die Unterstützung der Gemeinde, all das werde in die Bewertung einbezogen, wenn es darum geht, dass schnell gebaut werden kann. Er sagt aber auch: "Wir haben ein schwer lösbares Problem."

Kann man ohne Menschlichkeit überhaupt Freude am Leben haben? Diese Frage wird auf dem Container gestellt. (Foto: Manfred Neubauer)

Welche Grundstücke genau geprüft werden, will er nicht aufzählen. Ganz sicher ist aber eines der Gemeinde Lenggries darunter, das diese vor Kurzem als geeignete Fläche angeboten hat. Auch der umstrittene Platz neben der Tölzer Firma Moralt an der Lenggrieser Straße, gegen den es Widerstand aus Gaißach gibt, wird wieder ins Visier genommen werden. Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) prophezeite schon vor Wochen bei einem Pressegespräch, man werde angesichts der stark steigenden Anzahl an Flüchtlingen auch darüber wieder reden müssen. Da die erste Gemeinschaftunterkunft für etwa 70 Personen in Geretsried liegt, sucht er nun vor allem im Südlandkreis nach weiteren Standorten.

Nach Bekanntwerden des Urteils am Freitag hatte Niedermaier auch die Belegung von Turnhallen als denkbar bezeichnet und Jahnschule sowie Tölzer Realschule ins Gespräch gebracht. Ganz so einfach scheint das aber auch nicht. Der Tölzer Bürgermeister Josef Janker (CSU) sprach noch am Wochenende darüber mit Niedermaier und machte ihm klar, dass es einer schriftlichen Anfrage über die Dauer einer Nutzung als Flüchtlingsunterkunft bedürfe. Es müsse mit den Verantwortlichen der Schule gesprochen werden und auch ein Votum des Stadtrats sei notwendig. "Wir brauchen die Turnhalle für den Sport unserer Grundschüler", sagte Janker, zumal derzeit die Halle der Südschule neu gebaut wird und Hallenkapazitäten ohnehin knapp sind. Janker verwies auf Turnhallen der Landkreisschulen und erinnerte daran, dass Tölz bereits mehrere Grundstücke für eine Gemeinschaftsunterkunft vorgeschlagen habe. "Wir sind schon in Vorleistungen gegangen", sagte Janker.

In diesen Containern auf der Tölzer Flinthöhe sollten eigentlich Asylbewerber untergebracht werden. Nun müssen sie entfernt werden. (Foto: Manfred Neubauer)

Sachgebietsleiter Bigl hofft, bald einen Alternativstandort zur Flinthöhe zu finden. Die Zeit drängt, die Container müssen winterfest gemacht werden, bisher sind sie nur abgestellt und notdürftig abgedichtet. Der Landkreis hat bereits mehrere 100 000 Euro in den gekippten Standort investiert, weitere Kosten möchte er vermeiden. Im Kostenvergleich schneiden die gekauften Tölzer Module allerdings günstig ab. Ein Wohnplatz dort kostet im Schnitt etwa 200 Euro pro Monat, in den geleasten Containern in Geretsried 400 Euro. In einer festen Unterkunft wie der Lenggrieser Kaserne liegen die Kosten bei 160 Euro.

Landrat Josef Niedermaier war von dem VG-Urteil überrascht, weil das Bundeskabinett erst drei Tage zuvor eine Stellungnahme verabschiedet hatte, wonach das Bauplanungsrecht geändert und es den Kommunen erleichtert werden soll, Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen, auch in Gewerbegebieten. Noch in diesem Jahr soll das Gesetzgebungsverfahren dazu abgeschlossen sein, heißt es aus dem Bundesbauministerium.

© SZ vom 14.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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