Bad Tölz:Skepsis im Stadtrat

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Die Tölzer Lokalpolitik hakt bei den Wellness-Entwicklern nach. Der Bürgermeister sagt, es gibt auch Ausstiegsszenarien

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Andreas Wiedemann hatte keine Frage, er hatte einen Fragenkatalog. Ihm ist unwohl bei dem Gedanken, dass sich die Stadt Bad Tölz mit ihrem geplanten Wellnessbad unter die Fittiche des österreichischen Projektentwicklers Redserve begibt, weil der zugleich für den Investor Arcus arbeitet, der daneben zwei Hotels und ein Gesundheitsforum bauen möchte. "Wenn Sie mit den Hotels nicht zurechtkommen, stehen wir da mit unseren Planungen für das Spa", argwöhnte der Zweite Bürgermeister (FWG) im Stadtrat am Dienstagabend. Auch Bürgermeister Josef Janker (CSU) wollte wissen, wie Redserve der Spagat zwischen zwei Auftraggebern gelinge. Man sei mit Arcus "nicht verheiratet", beschwichtigte Geschäftsführer Thomas Oberhofer. "Wir können eine sehr neutrale Projektentwicklung machen."

Zwei neue Hotels, ein Gesundheitsforum, das städtische Spa - mit diesem Komplex auf dem Areal zwischen Arzbacher Straße und Bockschützstraße will sich Bad Tölz als Wellness-Destination auf dem umkämpften Gesundheitsmarkt etablieren. Für Wiedemann braucht es dazu keinen Projektentwickler, "das kann die Stadt auch alleine". Dem widersprach Oberhofer. Gemeinsam könne man weit wirtschaftlicher vorgehen, als wenn jeder seinen eigenen Weg verfolge, sagte er: "Sie sollten die Synergien zwischen privater und städtischer Investition sehen." Redserve sei mit dem Ziel eines langfristigen Engagements nach Tölz gekommen, es gebe "keine spekulativen Hintergründe". Christof Botzenhart (CSU) leuchtete nicht ein, warum sich der österreichische Projektentwickler für Tölz interessiert, wenn er der Stadt ein "verstaubtes Image" attestiert. Oberhofer beantwortete das mit seinem festen Glauben an das Potenzial dieses Standorts, verwies aber auch darauf, dass Tölz als Tourismusort nicht mehr wahrgenommen werde. "Das können Sie in Statistiken nachlesen." Den Status quo müsse man erfassen, um ein Ziel zu formulieren.

Der Zweite Bürgermeister Andreas Wiedemann findet, die Stadt könnte das Wellness-Projekt auch allein leisten. (Foto: man)

Mehrere Stadträte wie Wiedemann, Ingo Mehner (CSU) und Michael Lindmair (FWG) wollten wissen, ob die 55 Residenzen in dem vorgesehenen Drei-Sterne-Hotel wirklich nötig sind. Neue Hotels nur mit Eigenkapital zu finanzieren hält Oberhofer wirtschaftlich für "nicht mehr darstellbar", das könnten allenfalls noch große Konzerne. Die Residenzen seien zur Querfinanzierung unerlässlich, sagte er. Das unterstrich Investor Manuel Geiger. Derzeit müsse man bis zu 50 Prozent Eigenmittel "cash" aufbringen, damit eine Bank den Rest finanziere, meinte der Arcus-Geschäftsführer. In den neuen Hotels sollen seiner Auskunft nach nicht bloß Gäste übernachten, die der Gesundheit wegen nach Tölz kommen, sondern auch Tagungsteilnehmer und Geschäftsreisende. Nach der Höhe der Gesamtkosten für das Projekt erkundigte sich Peter Wiedemann (FWG). Oberhofer taxierte sie bei 50 Millionen Euro. Davon würden 75 Prozent von privater Seite, 25 Prozent von der Stadt investiert, sagte er.

Ein schriftliche Zusicherung von allen Beteiligten, dass sie zu dem Vorhaben stehen, forderte Franz Mayer-Schwendner (Grüne). Von Arcus-Geschäftsführer Geiger bekam er sie mündlich: "Ein klares Ja." Wenngleich unter dem Vorbehalt, "dass die Rahmenbedingungen geschaffen werden". Camilla Plöckl (SPD) regte an, alle Gebäude in dem Komplex so anzuordnen, dass das städtische Spa an der Bockschützstraße mit Blick auf die Isar entsteht. Für Oberhofer ist das noch zu früh. Durch Gutachten soll erst mal geprüft werden, ob das Projekt überhaupt zu realisieren ist. Wenn nicht, könne man die Reißleine ziehen, sagte er. Darauf wies auch Janker hin: "Es gibt Ausstiegsszenarien."

© SZ vom 23.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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