Flüchtlinge:Pro oder kontra Asyl

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Das Bayerische Verwaltungsgericht entscheidet erst diesen Freitag über die Zulässigkeit von Wohncontainern für Flüchtlinge auf Tölzer Flinthöhe. Beim Ortstermin tauchen Zweifel am Bebauungsplan auf, der Basis der Klage ist

Von Suse Bucher-Pinell, Bad Tölz

Ob Wohncontainer für Asylbewerber auf der Flinthöhe aufgestellt werden dürfen, ist noch ungewiss. Erst an diesem Freitag will das Bayerische Verwaltungsgericht seine Entscheidung dazu bekannt geben. Dessen elfte Kammer hatte sich am Donnerstagnachmittag eigens dafür auf der Flinthöhe getroffen, um sich von dem als Gewerbegebiet ausgewiesenen Areal ein Bild machen zu können: Wie sieht es dort aus? Wie laut ist es dort? Welcher Art sind die Firmen, die sich in der ehemaligen Kaserne eingemietet haben? Geklagt hatte der Eigentümer der von den Kasernengebäuden umgebenen "Schnecke", Heinz Wippich. Er hatte die Immobilie im Februar erst vom Landkreis gekauft und befürchtet, seine Gewerbeflächen schwieriger vermieten zu können, wenn sich eine Asylbewerberunterkunft für etwa 70 Personen auf dem Grundstück des ehemaligen US-Kinos in unmittelbarer Nähe befindet. "Das ist eine Einschränkung", sagte sein Anwalt Thomas Frister. Es bestehe ein "Nutzungskonflikt". Aktuell stünden in der Schnecke 800 Quadratmeter Fläche leer. Das Gericht hielt sich sehr neutral, in welche Richtung die Entscheidung geht, vermochten Prozessbeobachter nicht vorauszusagen.

Juristisch geht es darum, ob in einem Gewerbegebiet eine Gemeinschaftsunterkunft zulässig ist. Dabei sei nicht relevant, ob auch laute Betriebe darunter seien, zitierte der Vorsitzende Richter Johann Oswald ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht wie auch der Landkreis werten die geplante Unterkunft als Anlage für soziale Zwecke. Wippich und sein Rechtsanwalt sehen dadurch jedoch den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch gestört, egal ob die Unterkunft als Anlage für soziale Zwecke oder als Wohnnutzung zu bezeichnen ist. Sie ließen sich auch nicht davon umstimmen, dass der Landkreis am Mittwoch mitteilte, die Baugenehmigung auf drei Jahre begrenzen zu wollen.

Ortstermin auf der Flinthöhe: Vorsitzender Richter Johann Oswald (vorne) nimmt mit seiner Kammer und Beobachtern die "Schnecke" in Augenschein. (Foto: Manfred Neubauer)

Knackpunkt ist auch der Bebauungsplan der Stadt Bad Tölz aus den 1990er Jahren. In ihm entdeckten die Richter einige Unstimmigkeiten. Sie kritisierten unklare Abgrenzungen der einzelnen Nutzungen sowie widersprüchliche Bestimmungen darüber, welche Ansiedlungen zusätzlich erlaubt sind. Das warf für das Gericht die Frage auf, ob der Bebauungsplan überhaupt gültig sei oder ob es sich um eine Gemengelage handele, in die sich verschiedene Nutzungen einfügten. Ein Gebietserhaltungsanspruch, wie ihn Kläger Wippich fordert, wäre damit hinfällig. Der Vorsitzende Richter Oswald warf die Frage auf, ob es sich nicht sogar um ein Kerngebiet handeln könne, das neben den auf der Flinthöhe vorherrschenden Ämtern Sparkasse und Polizei, Handel, Gastronomie bis hin zu Spielhallen zuließe. In diesem Falle wäre der Aufbau der Asylbewerberunterkunft ohne weiteres genehmigungsfähig. Wie er das bewertet, wird sich erst im Urteil zeigen.

Wippich hatte nach Bekanntwerden der Pläne für die Gemeinschaftsunterkunft einen Alternativstandort für das Kinogrundstück angeboten. Er wollte die Parkplätze außerhalb des Karrees an der Bundesstraße zur Verfügung stellen, und kritisierte in der Verhandlung, dass dieses Angebot nur knapp abgewiegelt worden sei. Der Tölzer Bauausschuss des Stadtrats hatte es als ungeeignet abgelehnt wegen des Straßenlärms und weil es leicht abschüssig ist. Landesanwalt Christian Konrad führte ein zusätzliches Argument dafür an, warum Wippichs Tauschangebot nicht angenommen worden sei: Es handele sich um Grund in Privatbesitz, das Kinogrundstück sei dagegen sei eine Fläche, die dem Landkreis gehöre.

© SZ vom 10.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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