Percussion-Workshop:Das Mathematische in der Musik

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Bei einem Percussion-Workshop von Helmut Bieler-Wendt erfahren die Teilnehmer, dass Rhythmus etwas Elementares ist und zum Wesen des Menschen gehört

Von Cornelius Zange, Bad Tölz

Es klappert, klopft und klickt. Kehrschaufel, Besenstiel, Wasserflasche - alles darf als Percussion-Instrument benutzt werden. Geklickt hat es am Wochenende gelegentlich auch in den Köpfen der Teilnehmer eines Percussion-Workshops von Helmut Bieler-Wendt in der Tölzer Musikschule. An einem leichten Aufblitzen der Augen war zu erkennen, dass da jemand etwas verstanden hatte. "Musik, Rhythmus und Tanz sind Dinge, die zum menschlichen Wesen gehören", sagt Bieler-Wendt. Er ist sich ganz sicher, dass zwar nicht alle Kinder die Voraussetzung mitbringen, einmal Genie zu sein, aber gute Musiker könnten alle werden. Leider sei das Gefühl für Rhythmus wie überhaupt für grundlegende Funktionen der Musik allgemein ein wenig verloren gegangen. Auch wenn sich gerade eine Kursteilnehmerin für einen hoffnungslosen Fall hält, bedeute das nicht, dass dieses Gefühl nicht wieder geweckt werden kann. "Jeder hat verschiedene Möglichkeiten, und mit diesem Pool können wir am Ende Musik spielen", so die Erfahrung von Bieler-Wendt.

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(Foto: Manfred Neubauer)

Es klappert, klopft und klickt: Kehrschaufel, Besenstiel, Wasserflasche...

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(Foto: Manfred Neubauer)

...alles darf in Helmut Bieler-Wendts Workshop als Percussion-Instrument benutzt werden.

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(Foto: Manfred Neubauer)

Aber auch klatschend lässt sich ein ansprechender Rhythmus ausarbeiten.

Am Freitagabend wurde der Kurs mit einem Konzert von Bieler-Wendt eröffnet. Er ist Improvisationsmusiker, studierter Konzept-Komponist und Musikpädagoge. Den ganzen Samstag über ging es dann darum, Rhythmus sowohl theoretisch als auch praktisch mit Hilfe von eigenen Experimenten kennenzulernen. Begonnen wurde mit dem ersten Schlag, bis zum Mittag war der Kurs schon beim Sechzehntel-Takt angelangt. Schließlich ging es auch um die Länge der einzelnen Schläge und um die Spannungen, die sich aus diesen unterschiedliche Längen ergeben. "Das ist eigentlich sehr mathematisch", sagt Bieler Wendt, es "hört sich aber trotzdem schön an". Vor neun Jahren hat Ingo Veit, Lehrer an der Tölzer Musikschule, den Workshop initiiert. Seither kommt Bieler-Wendt jedes Jahr mit einem anderen Thema nach Bad Tölz. Immer geht es um grundlegende Elemente der Musik, die mit dieser Intensität nicht an der Musikschule selbst unterrichtet werden können. Umso mehr Spaß macht es den Teilnehmern in Bieler-Wendts Workshop, wie auch den Gesprächen in der Mittagspause zu entnehmen ist. Da wippen noch Füße im Takt und Finger tanzen auf der Tischplatte. Angeboten wurde der Kurs für Sechs- bis Sechsundneunzigjähre, dem entsprechend ist das Verhältnis zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ausgeglichen.

"Musik, Rhythmus und Tanz sind Dinge, die zum menschlichen Wesen gehören", sagt Helmut Bieler-Wendt. (Foto: Manfred Neubauer)

Nachmittags geht es mit einer Aufwärmübung weiter. Jeder Teilnehmer gibt einen Rhythmus vor, der von allen anderen nachgespielt werden soll. Schließlich geht der Musikpädagoge einen Schritt weiter: Auf einen Rhythmus hin, den er vorschlägt, sollen die Teilnehmer improvisieren. Aus einem zunächst wirren Rumpeln entwickelt sich nun nach und nach eine wahrnehmbare, komplexe, rhythmische Struktur - plötzlich erkennen die Musiker, wie wichtig es ist, einander genau zuzuhören, und entsprechend konzentriert sind alle bei der Sache. Dies alles entwickelt sich in entspannter und freundliche Atmosphäre. Es wird gelacht, Fehler sind nicht peinlich. Ein Richtig oder Falsch gibt es für Bieler-Wendt sowieso nicht. "Manchmal ist man der Einzige, der den richtigen Rhythmus spürt" sagt er augenzwinkernd. Darum sei es auch wichtig, selbst einmal die Rolle des "Angebers" zu übernehmen. Am Sonntag brachten die Teilnehmer ihr soeben erworbenen Fähigkeiten zu Gehör: mit einem Konzert für Freunde und Verwandte.

© SZ vom 17.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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