Aus dem Landgericht:Nur durch Schüsse zu stoppen

Lesezeit: 2 min

24-jähriger Geretsrieder muss sich wegen Brandstiftung verantworten

Es waren dramatische Szenen, die sich in den frühen Morgenstunden des 6. Januar vergangenen Jahres bei einem Polizeieinsatz in der Sudetenstraße abspielten. Ein junger Mann hatte gegen 0.28 Uhr in der Wohnung seiner Großeltern in einem Mehrfamilienhaus Feuer gelegt. Zuvor hatte die Großmutter des 24-Jährigen bereits die Polizei alarmiert. Denn ihr Enkel hatte sich mit einem Küchenmesser bewaffnet und begonnen, in ihrer Wohnung zu randalieren. Da der 24-Jährige den Aufforderungen der Beamten, das Messer wegzulegen, nicht gefolgt war, hatte die Polizei die Senioren aus ihrer Wohnung geleitet. Dann eskalierte die Situation: Die Folgen sind Olek B. (Name geändert) bis heute anzusehen. An diesem Mittwochmorgen humpelte der 24-jährige Lagerist, begleitet von einem Justizwachtmeister, in den Sitzungssaal B 266 am Landgericht München II. Denn ein Polizeibeamter hatte B. bei dem nächtlichen Einsatz in die Unterschenkel geschossen.

Nachdem die Großeltern ihre Wohnung verlassen hatten, war der 24-Jährige von der Polizei mehrmals dazu aufgefordert worden, das Messer wegzulegen. Vergebens. Schließlich öffneten die Beamten gewaltsam die Türe. Zu diesem Zeitpunkt hatte B. schon Feuer gelegt. Den Polizisten schlug dichter Rauch entgegen, weshalb sie die Wohnung gleich wieder verließen. Als sich Olek B. daraufhin auf das äußere Fensterbrett am Schlafzimmer seiner Großeltern stellte, drohte ihm die Polizei, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Kurz darauf fiel tatsächlich ein Schuss. Er verfehlte B. Der 24-Jährige lief zum Balkon auf der gegenüberliegenden Seite der Wohnung. Die Polizeibeamten forderten erneut, er solle seinen Widerstand aufgeben, damit die Feuerwehr den Brand löschen könne. Doch der Lagerist reagierte nicht und die Einsatzkräfte konnten nicht eingreifen.

In dieser Situation entschloss sich einer der Polizeibeamten, gezielt durch die Schlitze der Balkonbrüstung auf die Beine von Olek B. zu schießen. Fünf Schüsse fielen. Zwei trafen den 24-Jährigen in beide Unterschenkel. Erst nach weiteren zwei bis drei Minuten brach er aufgrund von Blutverlust zusammen. Er jetzt konnten die Einsatzkräfte der Feuerwehr in die Wohnung und das Feuer löschen. Sie wurde durch den Brand teilweise zerstört. Es entstand ein Schaden von rund 120 000 Euro.

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen besonders schwerer Brandstiftung erhoben. Zum Prozessauftakt vor der 1. Strafkammer am Landgericht München II machte Olek B. keinerlei Angaben zu dem Vorfall in der Sudetenstraße. Hierzu will er erst am zweiten Verhandlungstag an diesem Freitag etwas sagen. Den Vorwurf, wonach er auch mit Marihuana gehandelt habe, räumte er indes ein.

© SZ vom 28.01.2021 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: