Angebot reicht nicht:Hoffnungslos überfüllt

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Die drei Seniorenheime in der Stadt Bad Tölz kommen dem Bedarf an stationärer Pflege nicht mehr hinterher. In der Tages- und Kurzzeitpflege sieht es indes nicht besser aus

Von Klaus Schieder

Bad Tölz - Das Josefistift, das Haus am Park, das Pater-Rupert-Mayer-Heim: Mit drei Seniorenheimen ist die Stadt Bad Tölz mit ihren 18 000 Einwohnern im Prinzip gut aufgestellt, was die stationäre Pflege für betagte Menschen angeht. Trotzdem reicht das Angebot bei Weitem nicht mehr aus. 151 Senioren stehen auf der Warteliste des Josefistifts, 100 Vormerkungen verzeichnet das Pater-Rupert-Mayer-Heim, das Haus am Park verzichtet gleich ganz auf solche Einträge und meldet sich selbst, wenn ein Zimmer frei wird. Aber nicht nur die Seniorenheime sind in Tölz und im Landkreis gefragt. "Der Bedarf geht in allen Bereichen über das Angebot hinaus", sagt Christiane Bäumler vom Landratsamt bei der Podiumsdiskussion über die Entwicklung der Pflegesituation im Pater-Rupert-Mayer-Heim, das am Donnerstag sein 50-jähriges Bestehen feierte.

Neben der hohen Nachfrage verzeichnen alle drei Tölzer Heime noch einen anderen Trend: Die Senioren kommen zunehmend erst dann, wenn sie schon sehr pflegebedürftig sind. Knapp die Hälfte der Bewohner im Josefistift habe die hohen Pflegegrade vier oder fünf, teilt Leiterin Bettina Emmrich mit. Das ist im Haus am Park in der stationären Abteilung nicht anders. Die starke Pflegebedürftigkeit gehe mit einer hohen Arbeitsbelastung einher, sagt Leiterin Anke Bimschas. Fürs Pater-Rupert-Mayer-Heim verzeichnet auch Leiter Richard Stoll "kaum noch Anfragen von Menschen, die noch etwas rüstig sind". Dieser Trend bedeute für die Seniorenheime in Bad Tölz, aber auch im Landkreis, dass der Bedarf an Fachpersonal steige, "um darauf adäquat reagieren zu können".

Noch sind dort - trotz Fachkräftemangels - alle Stellen besetzt. Emmrich berichtet für das Josefistift von einer geringen Fluktuation und einer guten Quote an ausgebildeten Altenpflegern. "Wir haben viel langjähriges Personal", erzählt sie. Das gilt auch für das Pater-Rupert-Mayer-Heim. Aber, so schränkt Stoll ein: "Der Markt ist leergefegt." Von den zusätzlichen 13 000 Stellen, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fürs nächste Jahr angekündigt hat, bekommen das Josefistift und das Rupert-Mayer-Heim jeweils 1,5, das Haus am Park eine halbe Stelle. Stolls Hoffnungen richten sich auf das neue Einwanderungsgesetz, wodurch ausgebildete Pfleger aus dem Kosovo oder der Ukraine kommen könnten. Allerdings müssten sie die Standards hier erst noch kennenlernen, sagt der Heimleiter. Bimschas hat indes gute Erfahrungen mit Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan gemacht.

Ein Grund für den Mangel an qualifizierten Altenpflegern ist die schlechte Bezahlung. Eine Akademisierung der Pflege mit einem Bachelor-Abschluss, wie dies im Ausland oft der Fall ist, sieht Professorin Martina Wolfinger von der Katholischen Stiftungsfachhochschule München jedoch nicht als probates Mittel. "Ich kann nicht sagen, dass Akademisierung das ganze Problem lösen wird." Wichtig sei vielmehr eine "gute Durchmischung". Ähnlich äußert sich Bäumler vom Landratsamt: "Wir haben eine hohe Qualität in der Grundpflege, und die bekomme ich nicht über eine Akademisierung." Eine Altenpflegerin aus dem Rupert-Mayer-Heim meint, ob der vielen Fortbildungen bestünde die Gefahr, dass immer mehr Mitarbeiter für grundsätzliche Arbeit fehlten. "Wir brauchen Leute, die am Bett pflegen, Chefs haben wir genug." Eine wichtige Stütze seien da auch ehrenamtliche Kräfte.

Ob die Tagespflege die angespannte Situation ein wenig entschärfen kann, ist unklar. Im Landkreis gibt es bislang nur zwei solcher Einrichtungen, in Geretsried und Bad Tölz. Die Entwicklung könnte und sollte durchaus in diese Richtung gehen, meint Wolfinger. Allerdings meldet die Wissenschaftlerin auch Zweifel an. Wenn eine Tagespflege nur von 8.30 bis 16 Uhr geöffnet sei, hätten es Angehörige schwer, ihren Arbeitstag damit sicher abzudecken. Ein anderes Problem sei, dass diese teilstationäre Pflege hohe räumliche Anforderungen stelle und ausreichend Fachpersonal erfordere. Dies werfe die Frage auf, "wie kann ich kostendeckend arbeiten, zumal Gewerberäume oder auch Wohnungen hier ja nicht so günstig zu kriegen sind, um es gelinde zu sagen." Bäumler zufolge rentiert sich eine Tagespflege auch erst ab einer bestimmten Zahl von Senioren. 16 bis 18 betreute Personen seien nötig. Damit wäre eine solche Einrichtung in kleinen Gemeinde auf dem Land wohl eher schwierig zu betreiben.

Eine gravierenden Mangel gibt es an Kurzzeitpflegeplätzen. Alleine seit Februar verbuchte Bettina Emmrich vom Josefistift 128 Anfragen. "Die Not ist unglaublich groß." Richard Stoll geht es da nicht viel anders. Die Nachfrage nach Kurzzeitpflege sei "permanent groß", berichtet der Heimleiter und spricht von einem erheblichen Gefälle zwischen Wunsch und Wirklichkeit. "Wir sind nicht imstande, das zu bewerkstelligen." Denn diese Senioren seien meist nur zwei oder drei Wochen im Haus, der Verwaltungsaufwand sei hingegen immens .

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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