Amtsgericht:Verfahren gegen Asylbewerber eingestellt

Lesezeit: 1 min

Das Amtsgericht hat aus Raumnot in München-Stadelheim verhandelt. (Foto: Claus Schunk)

Der Prozess um eine Prügelei in der Geretsrieder Gemeinschaftsunterkunft ist frühzeitig zu Ende gegangen

Von Benjamin Engel, Geretsried/München

Der Prozess gegen eine Gruppe afghanischer Asylbewerber ist vorerst beendet. Jugendrichter Urs Wäckerlin hat das Verfahren gegen fünf verbliebene Angeklagte beim zweiten Verhandlungstermin am Freitag eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich acht Afghanen vorgeworfen, im November 2015 einen Syrer in der Geretsrieder Gemeinschaftsunterkunft brutal geprügelt zu haben. Zwei waren zum ersten Prozesstermin erst gar nicht erschienen. Ihr Verfahren wurde ebenso abgetrennt wie das gegen einen weiteren Angeklagten.

Aus Platznot hatte das Amtsgericht Wolfratshausen die Gerichtsverhandlung nach München verlegt. Nur in der Landeshauptstadt konnte ein für die vielen Angeklagten, Dolmetscher und Zeugen ausreichend großer Raum gefunden werden. Verhandelt wurde im Sitzungssaal der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim.

Bereits am Donnerstag hatte das Amtsgericht einen Befangenheitsantrag gegen Jugendrichter Wäckerlin abgewiesen. Seinen Angaben nach hatte ein Verteidiger beantragt, zusätzliche Fotos in die Ermittlungsakte aufzunehmen. Um Tatverdächtige zu identifizieren, hatte die Polizei diese Fotos Zeugen vorgelegt. Den Antrag des Verteidigers hatte Wäckerlin abgelehnt, worauf es zum Befangenheitsantrag kam.

Als "unerfreulich" beschreibt der Jugendrichter den Prozesstag am Freitag. Während der Verhandlung sei einer der Verteidiger aufgestanden und habe den Saal verlassen. Die Hintergründe seien ihm unklar geblieben, schildert Wäckerlin. Auf dem Gang habe der Rechtsanwalt einer Wachtmeisterin gesagt, nachdenken zu müssen. Schließlich habe er das Verfahren gegen dessen Mandanten abgetrennt, worauf nur noch fünf Angeklagte übrig geblieben seien.

Der Streit zwischen den Asylbewerbern soll laut Wäckerlin entstanden sein, weil ein Afghane eine Syrerin "blöd" angeredet habe. Noch während eines Schlichtungsversuchs sei es zur Prügelei gekommen. In der Auseinandersetzung sollen die Angeklagten einem jungen Mann das Nasenbein gebrochen, Schnittwunden durch ein Plastikmesser zugefügt und Prellungen zugefügt haben. Wie Wäckerlin berichtet, habe auch der Prozesstermin von Freitag das Geschehen kaum erhellen können. Als Zeugen seien der Hauptgeschädigte und ein weiterer Geschädigter vernommen worden. "Es ist nicht sehr viel Brauchbares an Aussagen dagewesen", erklärt der Jugendrichter auf Nachfrage.

Ursprünglich waren sechs Verhandlungstermine für den Prozess angesetzt. 13 Zeugen waren geladen. Verfahren mit Schlägereien seien häufig schwierig aufzuklären, sagt Wäckerlin. Im konkreten Fall habe das unübersichtliche Geschehen die Verhandlung zusätzlich erschwert. Hinzu komme, dass die Ermittlungen wegen der Vielzahl an Angeklagten lange gedauert hätten. Denn die Auseinandersetzung in der Geretsrieder Asylbewerberunterkunft soll sich schon vor knapp zweieinhalb Jahren abgespielt haben. Deshalb sei die Erinnerung der Zeugen nicht mehr so klar, sagt Wäckerlin.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: