Amtsgericht:Attacke mit Lampenstiel

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Wer war Angreifer, und wer Verteidiger? Obwohl eine 31-Jährige behauptete, sie habe sich nur gegen ihren Ehemann zu Wehr gesetzt, verurteilte der Richter die Frau wegen gefährlicher Körperverletzung.

Wolfgang Schäl

Hat die 31-jährige Manuela M. (Name geändert) ihren Mann mit dem Vorsatz attackiert, ihm körperlichen Schaden zuzufügen, oder wollte sie sich nur gegen Übergriffe ihres aggressiven Gatten wappnen?

Das Wolfratshauser Amtsgericht, das am Montag über den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung zu befinden hatte, entschied sich für die Variante eins und verurteilte die Geretsriederin zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen, was einer Freiheitsstrafe von drei Monaten entspricht - das unterste Strafmaß für ein Delikt, das selbst im minder schweren Fall mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet werden kann.

Laut Anklage war M. am 1. März dieses Jahres mittags in die gemeinsame Wohnung in Geretsried gekommen und hatte festgestellt, dass der Mann von ihrem Auto, mit dem sie an diesem Tag noch in die Oberpfalz fahren wollte, die Schilder abgeschraubt hatte, um sie so daran zu hindern, dort ihre Eltern zu besuchen. Zwischen den beiden Eheleuten lagen die Nerven nach vielen Streitigkeiten längst blank, Manuela M. hatte schon mehrfach die Taschen gepackt, um mit ihren beiden kleinen Kindern auszuziehen, ließ sich aber, wie sie sagte, "immer wieder von ihm belabern".

Am Tag der Tat lief sie nach eigener Schilderung ins Haus, nachdem sie zuvor im Garten den Stiel einer Solarleuchte aus dem Boden gezogen hatte - sie habe sich damit nur ihren aggressiven Mann, der sich auch nie um die Kinder gekümmert habe, vom Leib halten wollen. Im Laufe des eskalierenden Streits, bei dem sich der eineinhalbjährige Sohn ans Bein des Vaters klammerte, verletzte sich der Mann an der Hand - er zog sich eine zwar nicht schlimme, aber doch so stark blutende Risswunde zu, dass überall auf dem hellen Boden Blutspuren zu sehen waren.

Wegen des eskalierenden Streits wurden die Polizei und das Jugendamt sowie ein Rechtsanwalt verständigt. Dass sie ihrem Mann eine so stark blutende Wunde zugefügt hatte, habe sie nicht bemerkt, beteuerte Manuela M., "ich wollte einfach nur weg von ihm". Bis zum Ende der Verhandlung beharrte die Angeklagte darauf, dass sie ihren Mann "kein einziges Mal" mit der Stange geschlagen habe, sondern dass er sich bei ihrem Versuch, ihn abzuwehren, verletzt habe.

Das nahm ihr Amtsrichter Helmut Berger allerdings nicht ab, nachdem der zum Ort des Geschehens gerufene Polizeibeamte vor Gericht die aufgewühlte Stimmung geschildert hatte, die in der Wohnung geherrscht habe. Ähnlich hatte der Ehemann den Vorfall aus seiner Sicht dargestellt. Seine Frau, von der er seither getrennt lebt, sei hysterisch und schreiend mit der Stange ins Haus gestürmt und auf ihn losgegangen. Bei dem Versuch, die Attacke abzuwehren, sei die Stange vermutlich abgeknickt und habe ihn mit der dadurch entstandenen scharfen Kante verletzt. Auch mit dem bereits verbogenen Lampenstiel habe sie noch versucht, auf ihn einzuschlagen.

Ich glaube Ihnen ihre Geschichte nicht", beschied Berger am Ende, beließ es in seinem Urteil aber dabei, dass es sich um einen minder schweren Fall von gefährlicher Körperverletzung handle. Die Angeklagte, die nach dem Vorfall mehrfach ihrer Arbeitsstelle fernblieb und gekündigt wurde, verließ den Saal zornig und tränenüberströmt.

© SZ vom 18.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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