14 Zentimeter Beton:Es kommt drauf an, was man draus macht

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Die Staatliche Feuerwehrschule in Geretsried hat ein neues Seminargebäude. "Wir haben lange daran gearbeitet, dass es hübsch aussieht", sagt Architekt Bernd Schauer

Von Thekla Krausseneck

Ein aschig-dunkler Bau: Freies Assoziieren ist da bei einer Feuerwehrschule sicher erlaubt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Moderne Architektur hat es im ländlichen Raum oft schwer - bei den Behörden, die ein Vorhaben genehmigen müssen, und bei Menschen, die sich an ungewohnten Anblicken stören. Am Wochenende können bei den Architektouren der Bayerischen Architektenkammer, die zum 22. Mal stattfinden, in Bayern 221 Projekte besichtigt werden, die in den vergangenen drei Jahren entstanden sind. Ein Beirat hat sie aus allen Einreichungen ausgewählt. Im Verbreitungsgebiet der Bad Tölz-Wolfratshauser SZ sind es fünf. "Gebäude, die auf den Ort, an dem sie stehen, besonders gut oder richtig reagieren", sagt Architekt Klaus Kehrbaum.

Schmerzhaft sieht es aus, wie die Schaumstoffhand in dem Gerät feststeckt. Um sie ein bisschen menschlicher wirken zu lassen, hat ihr ein Mitarbeiter der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried einen blauen Pullover angezogen: Schlaff und hilflos hängt die Konstruktion aus dem Schlitz. Wie sie möglichst ohne große Verluste zu retten ist, lernen Teilnehmer eines Tagesseminars für Maschinenunfälle. Gegen halb neun betritt die Gruppe der Teilnehmer das Schulungsgelände durch ein breites Rolltor. "Freistadt" heißt das Modelldorf der Schule, das seit Anfang des Jahres zwei neue Gebäude hat: ein Lagerhaus mit einer Realbrandstelle und das kastige, dunkle, 950 Quadratmeter große Seminargebäude, zu dem auch eine Fahrzeughalle gehört. Umgesetzt wurde es vom Münchner Architekten Walter Schätzler. Richtfest war Ende September 2016, in Betrieb ging das Gebäude bereits Anfang 2017. Die offizielle Einweihung durch Staatssekretär Gerhard Eck, findet am 4. Juli um 14.30 Uhr statt.

Platz haben in der an den Seminartrakt angegliederten Fahrzeughalle nicht nur die Löschfahrzeuge - die im Ernstfall zwar einsatzbereit wären, jedoch nicht in die Alarmierung eingebunden sind - und ein Rettungswagen, sondern auch die Geräte für die Schulungsteilnehmer, darunter die eingeklemmte Hand. In einer Ecke steht ein Golf-Caddy: Die Lehrer legen tagsüber oft mehrere Kilometer zurück. Das liegt an den langen Wegen zwischen den Gebäuden. Vom Übungsgelände zur Verwaltung und der Mensa ist es ein gutes Stück: Die Feuerwehrschule Geretsried ist eine der größten Deutschlands. Wer nicht mit dem Caddy fahren will, für den stehen Fahrräder bereit.

Verkleidet ist das Gebäude mit 14 Zentimeter dicken Betonplatten - wegen der Containeranlage gegenüber, "auf der es manchmal kracht und raucht", sagt Bernd Schauer, Projektleiter im Architekturbüro Schätzler. Aber auch wegen der anderen Gebäude auf dem Gelände, bei denen es sich vorwiegend um Rohbauten aus Beton handelt. "Wir haben lange daran gearbeitet, dass es trotzdem hübsch aussieht", sagt Schauer. Das ist den Architekten gelungen: An Beton denkt man beim Anblick des Seminargebäudes nicht als erstes.

Im gleichen Zug hat der Freistaat Bayern das gegenüberliegende Lagerhaus gebaut, zu dem auch eine Realbrandstelle gehört - zu erkennen an einer mit Metall verkleideten und von Ruß geschwärzten Luke an der Außenseite des Gebäudes. Das Ensemble hat insgesamt fünf Millionen Euro gekostet. Der Freistaat hat damit den ersten Schritt für umfangreichere Umbauten gemacht: Bis 2021 soll die Ausbildungskapazität von derzeit 115 auf 200 erweitert werden, bis 2028 folgen weitere Veränderungen. Geplant sind Lehrsäle, ein neues Wirtschaftsgebäude - das jetzige hat einen nicht behebbaren Grundwasserschaden im Keller - und ein mehrstöckiges Parkhaus; der derzeitige Parkplatz nimmt eine Menge Platz weg. Das Seminargebäude sei auf diesem Weg bereits ein Meilenstein, sagt Branddirektor Christian Schwarz, Leiter der Feuerwehrschule: Es wurde mitten im Übungsgelände platziert, erfüllt damit in der Freistadt die Funktion einer Feuerwehrwache und erweitert das Spektrum der Trainingsmöglichkeiten. Außerdem kommen dort nun die Einsatzfahrzeuge unter, so dass an anderer Stelle die Umbauten fortgesetzt werden können. Entstehen soll auch eine Übungshalle, "damit wir nicht mehr so abhängig sind von der Witterung".

In der Feuerwehrschule Geretsried werden sowohl ehrenamtliche als auch hauptamtliche Führungskräfte geschult; manche Lehrgänge sind binnen eines Tages abgeschlossen, andere dauern bis zu 20 Wochen. "Bis auf vier Wochen im Sommer, in denen keine Lehrgänge stattfinden, sind wir das ganze Jahr über vollständig belegt", sagt Schwarz. Zu den Lehrgängen kommen nicht nur Einsatzkräfte, sondern auch Mitglieder von Verwaltungen und Landräte, die im Katastrophenfall die Verantwortung tragen. Drei Feuerwehrschulen gibt es in Bayern, die Geretsrieder ist für Oberbayern und Schwaben zuständig, außerdem ist sie auf den Katastrophenschutz spezialisiert.

Feuerwehrschule Geretsried, Sudetenstraße 81, Samstag, 24. Juni, 11 Uhr, Sonntag, 25. Juni, 13 Uhr, Besucherparkplatz. Alle Projekte unter www.byak.de/start/architektur/architektouren

© SZ vom 23.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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