Wo München chinesisch ist:Pandas, Türme und Stäbchen

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Die ganze Welt blickt während der Olympischen Spiele nach Peking - dabei kann man China auch in München erleben. Zumindest ein bisschen.

Christian Schiele

Gefühlt chinesisch

Der 25 Meter hohe Chinesische Turm zum Beispiel wurde zwischen 1781 und 1790 errichtet. (Foto: Foto: dpa)

Wer heute in München lebt und nicht mit Stäbchen essen kann, gilt schnell als Hinterwäldler. Doch keine Panik. Üben kann man mehr als genug. 120 Restaurants mit chinesischer Küche listet die Internet-Seite chinarestaurant-muenchen.de in München. Und wenn das fernöstliche Essen mal wieder genauso authentisch ist wie in China gefertigte Kuckucksuhren, dann kann man immerhin über die Glückskekse lachen. Hat man erstmal das bröselige Gebäck gegessen, stößt man nämlich zuweilen auf Botschaften wie "Wer sich selbst kitzelt, kann lachen, wann er will". Doch der Glückskeks ist nur ein gefühltes chinesisches Kulturgut: In China selbst gibt es ihn gar nicht.

"Zuijin zenmeyang" (Wie geht es dir?)

Pelzige Tierchen aus China: Die Pandas im Tierpark Hellabrunn. (Foto: Foto: ahed)

Die chinesische Sprache ist in. Bei manchen so sehr, dass sie sich chinesische Schriftzeichen auf Hals oder Oberarm tätowieren lassen. Wer absolut sichergehen möchte, dass nicht ein falsches Wort auf dem Nacken prangt, der sollte vorher einen Kalligraphiekurs absolvieren, am Besten zusammen mit seinem Tätowierer. Die Anmeldefrist der VHS verpasst zu haben, ist dabei keine Ausrede. Schon gar nicht in München. Denn das Sankt-Anna-Gymnasium war 1963 die erste Schule in Deutschland, die Chinesisch unterrichtete. Seit kurzem ist die Sprache dort Wahlpflichtfach. Wer sich also in der elften Klasse für Chinesisch entschieden hat, kann das Fach bis zum Abitur nicht mehr abwählen.

Abzocken über den Dächern

Wer schnelles Geld machen möchte, der sollte ein paar reiche Bekannte einladen und sie bei einem traditionell chinesischen Brettspiel abzocken - dem Mah-Jongg. Wie, sie wissen nicht, wie man das spielt? Kein Problem. Seit kurzem kann man mitten in der Stadt über den Dächern Münchens üben. Zumindest in der virtuellen Variante der Stadt im Second Life. Einen Ausblick auf die Türme der Frauenkirche oder das Rathaus gibt es gratis dazu.

Bier, Blasmusik, Basmatireis

Münchens große Grünanlage ist ganz schön international. Das verraten allein die Namen. Wer durch den Englischen Garten flaniert, kommt am japanischen Teehaus vorbei, genießt den herrlichen Blick vom Monopteros und landet früher oder später mit einer Maß Bier am Chinesischen Turm. Denn China schlägt die Münchner nicht erst seit den Olympischen Spielen in seinen Bann.

Bereits im 18. Jahrhundert entstanden Gärten mit Gebäuden und Denkmälern nach fernöstlichem Vorbild. Der 25 Meter hohe Chinesische Turm zum Beispiel wurde zwischen 1781 und 1790 errichtet. Einer der Väter des turmartigen Tempels, in dem heute regelmäßig eine Blaskapelle den Touristen den Marsch bläst, ist Benjamin Thompson Graf von Rumford. Die Entwürfe stammen von Joseph Frey und Baumeister war Johann Baptist Lechner.

Als Vorbild diente ihnen eine Porzellan-Pagode im Garten des chinesischen Kaisers in Nanking. 1944 brannte der Turm, von einer Bombe getroffen, völlig ab. Acht Jahre später wurde er aber wieder aufgebaut. Und ist seitdem noch ein wenig internationaler: Die neuen Lärchenholzschindeln kommen aus Österreich.

Auf den Bären gekommen

Auch in den Zoos wird Deutschland immer chinesischer. Schließlich haben wir uns in letzter Zeit immer besessener mit dem Nachwuchs unserer Bären beschäftigt. Die pandaverliebten Chinesen tun das schon lange. Ein Pandababy wurde in Deutschland zwar noch nicht geboren. Im Münchner Tierpark Hellabrunn gibt es aber trotzdem kleine pelzige Tierchen aus China, mit denen man am liebsten kuscheln würde: Katzenbären, auch kleine Pandas genannt.

Länger leben

Chinesische Medizin ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Auch die Bayern genießen ab und an ganz gerne eine Meridian-Massage oder praktizieren frühmorgens Qigong. Wer wirklich krank ist und auf chinesische Methoden vertraut, der kann in die TCM Praxis von Liang Zhang. Der studierte in China traditionelle chinesische Medizin und wendet sein Wissen seit 1994 in München an. Gut für die Münchner, schließlich geht es der chinesischen Medizin vor allem um eines: ein langes Leben.

Des Kaisers Kolonie

Russland, Frankreich, Portugal, Japan und Großbritannien: Alle hatten sie bereits eine Kolonie in China. Schließlich wollte sich auch Deutschland einen sogenannten Platz an der Sonne erobern. 1897 ist es soweit. Zwei deutsche Missionare werden ermordet. Der Kaiser nimmt das zum Anlass, um die Bucht rund um den Fischerort Qingdao an der nördlichen Westküste einzunehmen. Die Deutschen nennen den Ort Tsingtau. Dort wird die schwarz-weiß-rote Flagge gehisst und der Kaiser in Berlin hat seine 550 Quadratkilometer große Kolonie in Fernost. Eine fragwürdige Kolonie. In Tsingtau leben gerade einmal 1000 Menschen. In ärmlichen Verhältnissen. Doch die Deutschen putzen das Fischerdorf heraus, bauen Villen, Hotels, Handelshäuser, Kirchen und Wirtshäuser. In denen sie aber unter sich bleiben. Die Stadt ist unterteilt in europäische und chinesische Viertel. Noch heute erinnert eine Straße in München an die deutsche Kolonialzeit in China: die Tsingtauer Straße in Trudering.

© SZ vom 19.08.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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