Wie Trickbetrüger an fremdes Geld kommen:Wenn die Kröten fliegen lernen

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Warum man an der Banktür nie die PIN-Nummer eingeben sollte: Kriminelle knacken trickreich die Codes von EC-Karten.

Susi Wimmer

Die Frage am Telefon klang merkwürdig: "Waren Sie gestern in Griechenland?", wollte der Bankangestellte von Peter S. (Name geändert) wissen. Der Münchner verneinte. Offenbar jedoch hatte seine EC-Karte Beine bekommen: Mehrere Tausend Euro wurden innerhalb weniger Stunden an einem Bankomaten in Griechenland von seinem Konto abgehoben.

So sieht ein Aufsatzleser aus, der EC-Karten ausspioniert. (Foto: Foto: LKA)

Wie sich herausstellte, hatten professionelle Betrüger die Daten des 44-Jährigen an einem manipulierten EC-Automaten am Rindermarkt ausspioniert und an Komplizen in Griechenland übermittelt. Die hatten sich davon eine identische EC-Karte gefertigt und richtig zugeschlagen. "Ein typischer Fall", sagt Eduard Liedgens vom Landeskriminalamt. "Einer von ziemlich vielen."

Kriminaloberrat Liedgens ist, was Zahlungsmittelfälschungen anbelangt, das Adlerauge des LKA: Er kennt die Tricks der Betrüger, und unter seiner Führung arbeitet das Bayerische Landeskriminalamt mittlerweile mit den Ländern zusammen, aus denen die Täter hauptsächlich stammen: Rumänien, Ungarn und Bulgarien.

"Das ist ein Sumpf"

Der Informationsaustausch der Experten funktioniere "im Stundenbereich". Die Polizei hat schon etliche Fälscherwerkstätten ausgehoben. "Aber das ist ein Sumpf, den man nicht so leicht trocken legen kann", sagt Liedgens. Und er räumt ein, dass die Statistikkurve der Betrügereien mit Zahlungskarten "ganz steil nach oben zeigt".

"Die Magnetspur auf den Karten", sagt Liedgens, "das ist eine alte Technik, die ganz leicht dechiffriert werden kann." Die Täter brechen in Kaufhäuser oder Tankstellen ein und manipulieren die Zahlungsterminals. Entweder bauen sie einen Speicher ein - und später mit den gewonnen Daten wieder aus.

Oder aber sie installieren GSM-Module. Zahlt ein Kunde mit Karte, schickt das Geräte gleich per SMS Kartendaten und PIN-Nummer an die Ganoven, die pausen den Code auf Rohlinge, sogenannte white plastics, und fertig ist die Karte.

"In einem Möbelhaus in Italien hatten wir einen größeren Fall", erzählt Liedgens. Da hatten die Betrüger schon das Konto der Kunden geplündert, "bevor die ihre Möbel am Parkplatz ins Auto geräumt hatten". Schützen, so Liedgens, könne man sich nicht: "Der Kunde merkt nichts."

Manchmal täuschend echt

Anders am Bankomaten: Da hätten die Täter zwar auch schon täuschend echt aussehende Abdeckungen gebastelt, mit denen sie die Daten ausspionieren könnten. "Aber: Das Gerät schaut doch ein bisschen anders aus." Da gibt es Aufsätze an der Tastatur, die den PIN ausspionieren, oder den Täter, der in der Nähe steht und auf die Finger schaut.

Und es gibt Geräte, die über den echten Kartenschlitz gestülpt werden und den Magnetstreifen dechiffrieren. "Im Kommen ist momentan auch wieder der Trick mit der Tür", erzählt der LKA-Beamte. Um nach der Schalterstunden an den Bankomaten zu kommen, muss man vor der Türe die Karte in ein Gerät stecken. "Das manipulierte Terminal fragt nach der PIN-Nummer, die sollte man nie eingeben", rät Liedgens. Überhaupt: Nach Transaktionen an Kaufterminals immer Belege aufheben und seinen "Stamm-Bankomaten" immer ganz genau ansehen.

Peter S. jedenfalls hat an seinem Bankomaten nichts Auffälliges bemerkt. Jetzt muss er sich mit Papierkram herumschlagen, auf die neue Karte warten und froh sein, dass die Bank den Schaden erstattet. Er ist erschüttert: "Und ich dachte immer, so etwas passiert nur älteren oder unvorsichtigen Menschen."

© SZ vom 8.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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