Westend:Suchtkranker will Hausmeister anzünden

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Er hatte ein Messer dabei, einen Schlagstock, eine Flasche Bioethanol und ein Feuerzeug: Ein 46-Jähriger wollte den Hausmeister des Mehrfamilienhauses anzünden. Doch dieser konnte den Angreifer abwehren. Nun steht der Täter vor Gericht.

Christian Rost

Drei Wochen lang hatte er durchgetrunken, seine Wohnung vermüllte, leere Bierflaschen warf er einfach hinaus ins Treppenhaus. An diesem absoluten Tiefpunkt angekommen, suchte Wolfgang H. einen Schuldigen für sein verpfuschtes Leben.

Also steckte sich der suchtkranke ehemalige Maschinenschlosser ein Messer in die Tasche, nahm einen Teleskopschlagstock, eine Flasche Bioethanol und ein Stabfeuerzeug und klingelte beim Hausmeister. Als Christos B. aus seiner Wohnung kam, schlug H. mit dem Stock auf ihn ein und versuchte dann, den Mann anzuzünden.

Michael H. ist klein und schmächtig, in seinem Gesicht hat der Alkoholmissbrauch Spuren hinterlassen. In der Verhandlung, die am Montag vor der 2. Strafkammer am Landgericht München I begann, ist er allerdings hellwach, er überlegt sich jedes Wort, das er sagt, genau. Denn am Ende dieses Prozesses geht es um die Frage, ob er in der Psychiatrie bleiben muss.

Laut Anklage kam es am 19. Dezember 2011 in einem Mehrfamilienhaus in der Westendstraße zu dem unvermittelten Angriff. Wolfgang H. verbarg seine Tatwaffen hinter dem Rücken, als zunächst die Frau von Christos B. in der Tür erschien und ihren Mann rief.

Der Hausmeister trat dann in den Flur hinaus und fragte H., was er wolle. Wortlos holte der 46-Jährige mit seinem 55 Zentimeter langen Schlagstock aus und schlug damit B. heftig auf den Kopf.

Sogleich begann er damit, den 66-Jährigen mit Ethanol zu übergießen. B. ging aber nicht zu Boden, wie es der Angreifer wohl geplant hatte. Stattdessen packte der Hausmeister den Frührentner und verhinderte so, dass dieser ihn nicht auch noch mit einem Stabfeuerzeug anzünden konnte. Während des Gerangels gelang es B., auf die Klingel an der Nachbartür zu drücken - der Bewohner eilte dem Hausmeister sofort zu Hilfe und brachte H. zu Boden.

Durch den Schlag hatte B. eine drei Zentimeter lange Platzwunde erlitten, die im Klinikum rechts der Isar ambulant versorgt werden musste. Vier Wochen verspürte der Hausmeister noch Schmerzen. Schlimmer seien aber die psychischen Folgen des Angriffs für ihn, so der Zeuge vor Gericht. Er leide unter Schlafstörungen. Eine Entschuldigung H.s hörte sich B. im Gerichtssaal regungslos an.

Staatsanwalt Benjamin Lenhart geht davon aus, dass Wolfgang H. den Hausmeister töten wollte. Anschließend soll H. Suizid geplant haben. Der Angeklagte bestreitet das. Er habe sich zwar tatsächlich an jenem Tag umbringen wollen, sagte er.

Die Nacht hindurch habe er zehn Flaschen Bier und eineinhalb Liter Rotwein getrunken und am Morgen einen aufgekochten Giftcocktail aus 30 Schmerztabletten genommen. Da er aber nicht "hinübergedämmert" sei, sei er irgendwann aufgestanden mit wirren Gedanken und von seiner Wohnung im vierten Stock die Treppe hinunter gegangen, um den Hausmeister zu verprügeln.

Das Ethanol habe er nur mitgenommen für den Fall, dass B. nicht geöffnet hätte. "Dann hätte ich im Treppenhaus Feuer gemacht", so H.. Es sei nie seine Absicht gewesen, Christos B. anzuzünden oder zu töten. Er habe sich nur rächen wollen, weil B. ihn bei der Vermieterin angeschwärzt und beim Sozialamt schlecht gemacht habe.

Zudem habe ihm der Hausmeister Wasser, Strom und Heizung abgedreht. "Es gab ständig Streit", so der Angeklagte, der damals auch glaubte, er werde beschattet und abgehört. Der Staatsanwalt entgegnete, für eine bloße Prügelei habe sich H. damals eindeutig zu schwer bewaffnet.

In dem auf drei Tage angesetzten Prozess wird ein psychiatrisches Gutachten mit darüber entscheiden, ob H. dauerhaft in der Psychiatrie bleiben muss. Nach den bisherigen Untersuchungen leidet er an einer wahnhaften Störung und einer Störung infolge multiplen Substanz- und Alkoholmissbrauchs.

© SZ vom 07.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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