Werkstattbericht:"Kinderradl für Erwachsene"

Fachmann Martin Dinkel inspiziert ein Obike. (Foto: Catherina Hess)

Mechaniker Martin Dinkel hält nicht besonders viel von den Rädern aus Singapur

Von Marco Wedig

Ein kurzer Blick nur, schon ist das Obike angezählt. "Nach ein paar Monaten ist das Ding erledigt", sagt Martin Dinkel, Werkstattleiter des Fahrradladens Velo am Ostbahnhof. Er hat schon Tausende Fahrräder unter die Lupe genommen. Was hält er von den gelb-grauen Neuankömmlingen auf Münchens Straßen?

Die Bauweise sei so angelegt, dass man das Fahrrad möglichst wenig warten müsse, sagt Dinkel. Dafür sprächen der Verzicht auf eine Schaltung und der Einsatz robuster Vollgummireifen. Doch bei genauerer Inspektion schneidet das Material nicht gut ab. Der höhenverstellbare Sattel? "Rostet bereits." Die Reifen? "Billigste Gummimischung." Das spacige Schutzblech am Hinterrad? "Nur Show." Und die Lichtanlage sei schon bei hochwertigen Fahrrädern immer ein fragiles Element.

Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club hat beim Obike Mängel ausgemacht. Der Montageort des Rücklichts sei grenzwertig, weil es nicht aus jedem Blickwinkel einsehbar sei. Zudem sei die Vorderradbremse witterungsanfällig, heißt es auf Anfrage.

Martin Dinkels Fazit: "So was bekommt man für 200 Euro im Baumarkt. Die Herstellungskosten liegen wahrscheinlich bei 100 Euro. Bei so geringem Einsatz rechnet es sich wohl für das Unternehmen, selbst wenn das Rad nach einem halben Jahr hinüber ist. Im Prinzip ist es ein Kinderradl für Erwachsene." Für das Foto schnappt er sich einen Schraubenschlüssel und tut so, als wolle er das linke Pedal festschrauben. Dabei stellt sich heraus: Das Pedal war wirklich locker. Dinkel: "Das hätte gefährlich werden können."

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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