Wenn man die Heimat der Großeltern nur von den Ferien kennt:"Wo bin ich zu Hause?"

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Die Heimat seiner Großeltern kennt Trion Musliji nur von den Ferien. (Foto: Privat)

Kosovo und München - Trion Musliji, 18, lebt in zwei Welten

Von Vincent Suppé

"Wenn ich hier bin, sieht man mich als Ausländer", sagt Trion Musliji. "Und wenn ich im Kosovo bin, bin ich auch Ausländer." Musliji ist in München geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen. Die Heimat seiner Großeltern, die einst als Gastarbeiter aus dem Kosovo kamen, kennt er nur aus den Ferien. Er gehört also zur dritten Generation seiner Einwandererfamilie und sagt: "München ist mein Zuhause" - trotzdem hat gerade er manchmal das Gefühl, zwischen zwei Welten zu leben.

Der 18-Jährige macht in München seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann - Bettenrid, traditionsreicher geht es kaum -, und er schätzt die deutsche Pünktlichkeit. Gerade dafür sehe man ihn im Kosovo als Deutschen an, sagt er. Aber in Deutschland gelte er weiter als Albaner: das Aussehen, die Sprache, "für viele passt das nicht." Diskriminierung will er es nicht nennen, aber er spüre die Blicke, beim Einkaufen oder in der U-Bahn.

Die Verbindung zu seinen Wurzeln ist Musliji wichtig - fast jeden Tag telefonieren seine Mutter und er mit den Verwandten "unten", wie er es nennt. Aber in den Kosovo ziehen könnte er nicht: "Das Leben dort ist komplett anders." Die politischen Konflikte der Balkanregion können Musliji und seine Münchner Freunde nicht nachvollziehen. Sie kommen aus Giesing oder Laim, aus Serbien oder Albanien, und sie alle sind sich einig: "Uns ist egal, woher die Menschen kommen." Trion Musliji mixt seine eigene Identität aus kosovarischen Traditionen, bayerischer Bildung und globaler Jugendkultur. Und so kommt es vor, dass er auf Snapchat mit den Cousins im Kosovo über die Emanzipation von Frauen diskutiert.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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