Wenn Eltern mit dem Anwalt drohen:Lehrer fühlen sich "von Oben" oft allein gelassen

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SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: Dieter Hanitzsch)

In juristischen Auseinandersetzungen wünschen sich Pädagogen mehr Rückendeckung von Schulleitung und Ministerium

"Wenn Eltern mit dem Anwalt drohen" vom 15. November:

Grundschule als Kampfarena

Die derzeitige Diskussion um die Gewalt in der Schule beschreibt vorwiegend den Ist-Zustand; zu wenig geht es dabei um die Ursachen, zum Beispiel um eine bessere Wertevermittlung in den Schulen, wie sie das Grundgesetz fordert. Auch die Bayerische Verfassung gibt die Richtung vor: Die Schule soll nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.

"Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen (...) Die Schüler sind im Geiste der Demokratie (...) zu erziehen". Und die Realität? Eltern und Wirtschaft erwarten zunehmend, dass die Schule den Aufstieg der Kinder in eine höhere Schule vermittelt. So ist in den letzten Jahren gerade die Grundschule zur Kampfarena geworden. Die Wertevermittlung blieb völlig auf der Strecke.

Und auch das sollte nachdenklich machen: Die jüngsten Umfragen zur Gewalt in den Schulen und die aufgezeigten Beispiele zeigen, dass die vorgesetzten Behörden die Lehrer zu oft im Regen stehen lassen und zu wenig für Betroffene tun. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Lehrer, alle Lehrer, juristisch zu wenig vorgebildet sind und zu viele Missstände zu lange dulden. "Wehret den Anfängen" ist ein altes Sprichwort, das gilt mehr denn je auch für die gewaltbedingten Fehlgriffe in der Schule. Dabei geht es nicht nur um Gewalt gegen Personen, sondern auch um Gewalt gegen Gegenstände, sprich Sachbeschädigungen. Da sind das Kultusministerium und die Politiker gefordert. Anton Schlicksbier, Donaustauf

Schulleiter sind überfordert

In 34 Jahren Dienstzeit an verschiedenen Hauptschulen in Bayern habe ich eigentlich alles erlebt, was es so gibt. Mobbing (den Begriff gab es damals noch nicht) von Kollegen und dem Schulleiter, der der Obermobber war. Hervorragende Zusammenarbeit mit westlich orientierten türkischen Kollegen und Boykott der Arbeit von rechtsradikalen türkischen Lehrern (Graue Wölfe!): "Bei dem müsst ihr nichts lernen!" Eltern, die Sturm gelaufen sind, weil dem Klassenlehrer die Klasse weggenommen wurde, obwohl sie äußerst zufrieden mit der Arbeit und Zusammenarbeit waren, und das Gegenteil, dass sich die Elternvertretung aufgrund von Gerüchten bis zum Kultusminister hin beschwert hat. Erst als von meiner Seite mit dem Anwalt wegen Rufmords und Verleumdung gedroht wurde, weil die Elternvertretung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Lehrern verpflichtet (!) ist, gelang es, dem Ganzen Einhalt zu gebieten. Dilemma der gesamten Situation ist, dass Lehrer in der Regel kein juristisches Vorwissen haben und von Seiten der Schulleitungen, denen dieses Wissen ebenfalls fehlt, im Regen stehen gelassen werden. Selbst, wenn man Vorgesetzte auf ihre Defizite hinweist, sind sie nicht bereit, sich entsprechend zu informieren und den Kollegen entsprechenden Rückhalt zu geben. Burkhard Colditz, Sindelsdorf

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© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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