Weitere Briefe (1):Zynismus vom Amt und die lästige Bahnsteigkarte

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Weg mit der Bahnsteigkarte

Die Reform des MVV ( "Das Ringen hat ein Ende" vom 7./8. Juli und Kommentar "Der Unmut ist gefährlich falsch" vom 23. Juli) überhaupt der Öffentlichkeit in dieser Form vorzustellen, ist schon ein starkes Stück, zumal die Fallen, über die ein Nutzer stolpern kann (zum Beispiel Bahnsteigkarte) wohl nicht beseitigt wurden. Auch über eine Änderung der rigiden Kontrollmethoden, der Unterscheidung zwischen echten Schwarzfahrern (Erschleichung der Beförderung ohne Entgelt) und Kunden mit falschem Fahrschein (logisch nachvollziehbarem Verbotsirrtum) ist nichts zu lesen. Solange der MVV diese Praxis der Kriminalisierung seiner Kunden beibehält, ist er für mich gestorben. Wolfgang Hering, Landstetten

Rentnerfeindliche MVV-Reform

Die MVV-Tarifreform sieht unter anderem vor, dass die Isarcard 60 in Isarcard 65 umgewandelt werden soll, dafür dürften die Nutzer aber schon vor 9 Uhr fahren (zum selben Thema). Das ist eine geradezu skandalöse Unverschämtheit. Erstens liegt das durchschnittliche reale Renteneintrittsalter derzeit bei etwa 64 Jahren - was bedeutet, dass es Abertausende Bürger geben wird, die, obwohl mit bescheidener Rente ausgestattet, gegebenenfalls jahrelang (denn bei Durchschnitt 64 liegen ja viele darunter) den ÖPNV nur für teures Geld benutzen können. Zweitens: Welcher Rentner will oder muss denn regelmäßig vor 9 Uhr fahren? Vielleicht mal ein Arzttermin oder dergleichen, dann stempelt er jetzt gerade mal einen Streifen der Streifenkarte zusätzlich. Es ist doch klar, dass der geplante "Ausgleich" ein Hohn ist. Diese höchst unsoziale Komponente der Reform sollte schleunigst korrigiert werden. Peter Täumer, München

Zynismus vom Amt

Konkrete Erfahrung zum Bericht "Ein Job für 6,40 Euro am Tag" (11.

Juli): Sommer 2017, vier junge Nigerianer, seit zwei Jahren in Deutschland, immer noch im Asylverfahren, untergebracht auf einem Dorf im Landkreis Erding, bewerben sich auf bereits länger unbesetzte Ein-Euro-Job-Stellen eines Wohlfahrtsverbands (Gesetzgeber-Vorgabe: Arbeit darf sechs Stunden am Tag und 20 Stunden pro Woche nicht überschreiten): Reinigung der Wiesenflächen von Badeseen. Die vier waren bereit, mit dem 6-Uhr-Bus jeweils eine Stunde nach Erding zu fahren und dann für stündlich 80 Cent zu arbeiten. Die Fahrtkosten (hin und zurück vier MVV-Streifen), die das "Honorar" überstiegen hätten, wären vom Verband übernommen worden - um irgendwie die jungen Menschen aus ihrem Nichtstunkönnen herauszuholen. Welche Notlösung! Aber sowieso: Nach vielen Wochen, der Sommer war fast vorbei, kam das Nein vom Landratsamt. Die vielen Stunden der Haupt- und Ehrenamtlichen mit allen nötigen Vorarbeiten bei derartigen "Aktionen" einmal beiseite gelassen: Der Frust der jungen Menschen, auch bei geringstem Verdienst nicht arbeiten zu dürfen, und ihnen dies erklären zu müssen, liegt Betreuenden schwer auf dem Magen. Jetzt also wird die "sinnstiftende" Notlösung als neuestes Rezept bayrischer Großzügigkeit propagiert - als flankierende Wahlmaßnahme zur Abschiebe- und Grenzpolitik? Monika Schwarzenböck, St. Wolfgang

© SZ vom 16.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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