Weitere Briefe:Gift vom Kardinal und ein holpriger Titel

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Giftiges Ablenkungsmanöver

Kardinal Gerhard Ludwig Müller reiht sich also in die im Netz schon vielfach herumschwirrenden Verschwörungstheoretiker ein, in dem er eine "Weltmacht, die sich jeder Kontrolle entzieht" beschwört ( "Kardinal Müller hält Corona für Vorwand", 9. Mai). Ohne sich um gesellschaftliche Verwerfungen zu sorgen, die solche Thesen hervorrufen können, nutzt er die derzeit auch politisch schwierige Krise, verursacht durch eine Corona-Pandemie, um sich öffentlich medienwirksam darstellen zu können. Es wäre angebrachter, darüber nachzudenken, wie eine immer noch sehr vermögende Kirche in dieser Situation den Betroffenen Hilfestellung leisten könne. Aber Müller versprüht gerne wieder einmal sehr unchristlich "Gift", wie einst gegen die Laienorganisationen der Kirche, dann mehrfach gegen den Papst, der ihn wohl aus berechtigtem Grund seines Amtes als oberster Glaubenshüter der katholischen Kirche enthoben hat, und nun gegen die Lockdown-Vorgabe der Regierung.

Vielleicht sucht er jedoch einfach nur einen Sündenbock für all die jahrzehntelangen Verfehlungen der Kirche (Missbrauch von Untergebenen, fehlende Anpassung an die Lebensrealität, und so weiter), die immer mehr Kirchenmitglieder zur Abkehr bringen. Da bieten sich die staatlich verordneten Beschränkungen zur Abfederung der Pandemie als "feines" Argument betreffs des Wegbrechens von Gläubigen an. Margot Weber, Neunburg vorm Wald

Da holpert es

"Die Gedanken sind frei", hoffentlich darf man diese Zeile zitieren, ohne Assoziationen zu dem zynischen KZ-Motto "Arbeit macht frei" auszulösen ( "Die Gründerzeit des Mittelalters" vom 30. April/1. Mai). Aber ebenso wenig wie dieser Liedanfang hat auch der mittelalterliche Rechtssatz "Stadtluft macht frei" etwas mit dem menschenverachtenden Satz über den Nazi-Lagern zu tun. Wenn jetzt, ausgelöst durch eine BR-Redakteurin, der Titel der Landesausstellung geändert wurde, hat das auch mit dem vielfach beklagten Mangel an historischer Bildung zu tun. Natürlich sind auch die Gedanken von Charlotte Knobloch frei. Aber bei allem Respekt vor der Leidens- und Lebensleistung von Frau Knobloch geht es doch zu weit, wenn ihre Assoziationen (siehe auch Stolpersteine) zum allgemeinen Maßstab erhoben werden. Wovon man ausgehen muss, wenn der Artikel feststellt: Die Umbenennung der Ausstellung war unumgänglich, selbst wenn dies wider besseres Wissen geschehen ist. Der ersatzweise gefundene Titel "Stadt befreit" holpert sachlich wie sprachlich. Günther Gremp, Raisting

Brachial erfolgreich

In "Die Erfolge sind fragil" (24. April, Bayern) kommen Zahlen insgesamt zwanzig Mal vor, von 0,8 bis 89 820. Bei allem Respekt vor der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem zuständigen Landesamt, aber die dortigen Registrierungen sind nur Statistik. Man muss andererseits gar kein großer Fan von Markus Söder sein, um einzuräumen, dass "die brachiale Strategie der Staatsregierung aufgegangen ist", wie zu lesen war. Bisher jedenfalls. Gerhard Faßrainer, München

© SZ vom 15.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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