Weitere Briefe:Dreizügig, mit S-Bahn oder mit dem Auto

Lesezeit: 2 min

Dreigliedrig und inhuman

Der unangemessene Stress für den Schüler und die gesamte Familie zeigt dieser Artikel sehr detailliert und realistisch ("Eine harte Schule", 10.Mai). Leider kommt der Grund dafür nicht zur Sprache: Das von konservativer Politik seit Jahrzehnten hartnäckig verteidigte dreiteilige Schulsystem mit Mittelschule (welch ein Euphemismus, denn diese ist nach wie vor die Schule für den "Rest" ), Realschule, und Gymnasium. Dass die Entscheidung über den bildungsmäßigen Lebensweg nicht mit dem 10. Lebensjahr determiniert werden darf, zeigt allein schon der Blick auf die Entwicklungspsychologie des Kindesalters und die Dynamik der Anforderungen in der Arbeitswelt. Aber von Seiten der Politik geschieht nichts. Die Lösung, zehn gemeinsame Schuljahre, dann aber Auswahl für die Weiterführung zum Gymnasium, wird als "Gleichmacherei" und mit der Angst vor Qualitätsverlust verhindert. Hinter dieser Angst wiederum steht ein im Kern inhumanes Menschenbild, das von genetischen Begabungen ausgeht, die dem dreigliedrigen System entsprechen: Einfach, mittel, akademisch. Wie antiquiert und dysfunktional ein derartig begründetes Schulsystem ist, zeigen der Vergleich mit anderen Schulsystemen, die PISA-Studie und der Beitrag von Frau Staudinger. Georg Dietrich, Rimsting

Opfer werden zu Schuldigen

Fast täglich verkünden Bahnlautsprecher die mangelnde Pünktlichkeit der Münchner S-Bahn infolge schadhafter Oberleitungen, Fahrzeuge oder Weichen. So entsteht der Verdacht, dass diese nicht ausreichend gepflegt oder gewartet werden. Stattdessen wird gewartet, bis etwas passiert, und erst dann reagiert, was eine betriebstechnische Unterversorgung zu Lasten der Fahrgäste ist ("Sanfter Druck" vom 8. Mai). Als Abhilfe kommt eigentlich nur die Aufstockung des zur Instandhaltung der Bahnanlagen eingesetzten technischen Personals in Betracht. Weil das teuer wäre, bevorzugt der Bahnbetreiber ein anderes Mittel gegen die Unpünktlichkeit: Zunächst schiebt er deren Ursache auf die Fahrgäste beziehungsweise das von ihnen verursachte Gedränge während des Berufsverkehrs. Das soll zwar nicht behoben, aber betreut werden unter Einsatz sogenannter "Personenstromlenker", befugt, mit "sanftem Druck" die nunmehr vom Opfer zum Verursacher der Unpünktlichkeit avancierten Fahrgäste zu disziplinieren. So werden zwar weder das Gedränge noch der technische Mangel des Bahnbetriebs verringert, aber es geschieht etwas im Namen der Pünktlichkeit. Dietrich Weis, Dachau

Selbstgebaute Emissionsfalle

Klar ist es schön, wenn Kunden mit dem Auto bis vor die Ladentüre fahren können, deshalb auch eine Tiefgarage unter dem Rindermarkt mit Zugang direkt ins im Bau befindliche Haus der Firma Schuster ("Angebot an Autofahrer", 4. Mai). Carsharing und Ladestation schön, aber sicher nur als Alibi gedacht. Wann endlich wird begriffen, dass es um Vermeidung von Emissionen geht? Wann endlich versteht die Öffentlichkeit - und als meinungsbildend auch ein Unternehmer - dass es keinen Sinn (mehr) macht, wegfallende Parkplätze zu ersetzen? Die Autos, die in die neue Schuster-Garage fahren werden, sind zu über 90 Prozent Pkw mit Otto- oder Dieselmotoren und sorgen für schlechte Luft in der Innenstadt. Also lasst den Unsinn bleiben und helft mit beim Kampf gegen den Klimawandel. Dieter Hügenell, München

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: