Weitere Briefe:Altmännerfantasien und ein zweifelhafter Präsident

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Altmännerfantasien

"Münchens Kulturwelt" - repräsentiert durch Männer ab dem siebten Lebensjahrzehnt - lässt in den Reaktionen auf den Fall Siegfried Mauser ("Ein Rektor als Grapscher" vom 14./15./16. Mai und "Münchens Kulturwelt ist entsetzt" vom 28./29. Mai) keinen Zweifel daran, wer in ihren Augen hier die wahren Täterinnen sind: Racheakt! Komplott! Rachsucht! Rufmord! Enzensberger fühlt sich gleich zu einer Männerfantasie über liebestolle Frauen und ihre Heimtücke inspiriert. Dass sie nicht alles ganz richtig verstanden haben - weder steht in dem Fall "Aussage gegen Aussage", noch haben die beiden Frauen jahrelang geschwiegen - mag man erregten älteren Herren nachsehen. Aber ist ihnen eigentlich klar, welches gesellschaftliche Signal sie mit ihrer einseitigen Parteinahme aussenden? In Frankreich haben Prominente den Fall Sapin zum Anlass genommen, ihre Stimme gegen sexuelle Übergriffe von Männern in einflussreichen Positionen zu erheben. Münchens Kultur-Honoratioren führen in ihren Einlassungen unter dem Motto der große Künstler und die böse Frau dagegen genau das Klima vor, das ein solches Verhalten begünstigt. Christoph Huber, München

Zweifel an Bayern-Präsident

Ich fühle mich geradezu verpflichtet, zum Historikerstreit ("Historiker im Zweikampf" vom 25./26. Mai) etwas beizutragen, da ich auf eine Aussage gestoßen bin, die ich so nicht stehen lassen kann. Herr Schulze-Marmeling sagt hier, dass der letzte Präsident des FC-Bayern in der Nazizeit, der Bankier Josef Sauter, wohl doch kein NSDAP-Mitglied gewesen sei, da ihm dessen Nachkommen mitgeteilt hätten, er sei Vorsitzender der Spruchkammer Günzburg gewesen. Als Historiker, der sich mit der Geschichte Günzburgs in der NS-Zeit ausführlich beschäftigt hat und weiterhin beschäftigt, habe ich mich mit Hunderten von Entnazifizierungsverfahren der Spruchkammer Günzburgs beschäftigt, aber ein Spruchkammervorsitzender Josef Sauter ist mir nicht untergekommen. Der Vorsitzende hieß Siegfried Trautmann, sein Stellvertreter und späterer Nachfolger Kurt Lange.

Überhaupt ist es seltsam, dass der 1946 (!) verstorbene Sauter dieses Amt innegehabt haben soll, begann doch die tatsächliche Arbeit der Spruchkammer Günzburg erst im Jahre 1947. Vorher mussten die Kandidaten für dieses Amt erst gründlich überprüft und ausgebildet (Sauter war Bankier, kein Jurist!) und die Verfahren organisatorisch vorbereitet werden. Ich kann natürlich nicht völlig ausschließen, dass Sauter die Ausbildung durchlaufen hat und er dieses Amt bekommen sollte, aber dann müssten die Nachkommen schon schriftliche Belege für die Teilnahme an dem Auswahl- und Ausbildungsverfahren vorlegen. Solche Dokumente wirft man doch nicht weg. Im Übrigen empfehle ich eine Anfrage beim Bundesarchiv Berlin, wo die Mitgliederkartei der NSDAP einsehbar ist. Dann erübrigt sich doch jede Spekulation. Dr. Zdenek Zofka, Krailling

EU-Kakophoniker

Es ist die beklagenswerte Tragik der EU, dass sie selten durch Einigkeit (Union) des Alt-Herren-Vereins auffällt, sondern eher durch wohltönende Politiker-Phrasen. Ansonsten: Kreativität, zukunftsweisende Entscheidungen, mutige Ideen? Fehlanzeige! Haben die fehlenden Finanzen eventuell zu dem krassen Fehlurteil geführt, mit dem die EU einem in ganz Europa beliebten Orchester den Garaus macht (25./26. Mai, "Schöner Götterfunke")? Das europäische Jugendorchester, ein lebendiger Klangkörper aus begabten Musikern, wird von der EU zum Herbst finanziell ausgetrocknet. Einfach so! Statt an so manchem Schwachsinn an anderer Stelle zu sparen, wird hier ein Ensemble, in dem real EU-Politik betrieben wird, "nicht mehr gefördert". Wer fördert und bezahlt denn eigentlich die EU? Georg Müller, Grainau

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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