Weiße Räder:Mahnmal am Straßenrand

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Überfahren am 30. Geburtstag: An der Triebstraße erinnert ein "Ghostbike" an das Opfer eines tödlichen Fahrradunfalls im vergangenen Jahr. (Foto: Catherina Hess)

ÖDP und Fahrradclub ADFC wollen mit den Ghostbikes an getötete Radler erinnern und die Politik zum Handeln bewegen

Von Jasmin Siebert, München

Ein Mittwochmorgen im September 2016: Die Ampeln an der Lasallestraße schalten auf Grün, eine Pädagogin tritt in die Pedale, um mit ihrem Rad die Triebstraße in Moosach zu überqueren. Ein Lkw-Fahrer, der nach rechts in die Triebstraße abbiegt, erfasst sie frontal. Sie wird unter das tonnenschwere Fahrzeug gezogen und überrollt. Passanten, die an der Bushaltestelle warten, stoppen den Laster. Der Fahrer hat die Radlerin nicht gesehen. Sie stirbt noch an der Unfallstelle. Es ist ihr 30. Geburtstag.

Seit ein paar Tagen erinnert ein weiß lackiertes Rad an der Kreuzung an den tödlichen Unfall vom vergangenen Herbst. Ein Unfall, der vermeidbar gewesen wäre, wäre der Lkw mit einem Abbiege-Assistenten ausgestattet gewesen - davon ist die ÖDP-Stadträtin Sonja Haider überzeugt. Dass technische Warn- und Bremssysteme für Lkws gesetzlich vorgeschrieben werden sollten, ist eine Forderung ihrer Partei. Außerdem setzt sie sich dafür ein, dass die Münchner Polizei nach Berliner Vorbild eine dauerhafte Fahrradstaffel einrichtet. Seit 20 Polizisten in Berlin-Mitte auf dem Rad unterwegs sind, habe sich die Zahl der schweren Unfälle um 30 Prozent reduziert.

Gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) stellten ÖDP-Vertreter am Mittwoch sechs weitere "Ghostbikes" an Münchner Kreuzungen auf. Die weiß lackierten Räder sollen ähnlich wie Marterln an tödlich verunglückte oder schwer verletzte Radfahrer erinnern. Die Zahl der getöteten Radler ist in den vergangenen Jahren zwar zurückgegangen, doch Haider sagt: "Jeder einzelne ist einer zu viel." Sie fordert, dass sich die Stadt in ihrem Konzept für Verkehrssicherheit die "Vision Zero" als oberstes Ziel setzt. "Vision Zero" ist ein Konzept, das in den Neunzigerjahren in Schweden entwickelt wurde. Grundgedanke ist, dass Verkehrsteilnehmer immer Fehler machen. Straßen müssten so gestaltet sein, dass Fehler keine lebensbedrohlichen Folgen haben.

"Unfälle könnten oft durch einfache Maßnahmen verhindert werden", sagt Andreas Groh vom ADFC. In der Lasallestraße wurde die Radspur nach dem tödlichen Unfall rot angestrichen. "Warum aber handelt die Stadt immer erst hinterher?", fragt Groh. Er fordert, dass alle Radwege an gefährlichen großen Kreuzungen rot eingefärbt werden - präventiv.

Mit einem "Ride of Silence" gedenkt der ADFC am kommenden Mittwoch getöteten und verletzten Radlern und demonstriert für mehr Sicherheit für Radler. Geradelt wird möglichst weiß gekleidet und schweigend. Treffpunkt ist um 18.30 Uhr im Petuelpark. In der Nähe übersah im September 2013 ebenfalls ein Lkw-Fahrer beim Abbiegen eine Radfahrerin und tötete sie. Auch sein Laster hatte keinen Abbiege-Assistenten.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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