Watzmann reloaded:Die Gailtalerin ist wieder da

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35 Jahre nach der Geburt des "Watzmanns" dürfen sich die Fans des wunderbar albernen Bergbauern-Musicals freuen: Mit frischen Darstellern hat Mit-Erfinder Manfred Oskar Tauchen eine Neu-Inszenierung gewagt. Eine Vorschau in Bild und Ton.

Thomas Becker

Der Hund ist schuld. Hätte der Bernhardiner auf dieser Hütte in den Tiroler Bergen nicht ausgerechnet Watzmann geheißen, würde man heute vielleicht vom Großglockner- oder Alpspitz-Kult reden. Er hieß aber nun mal Watzmann, und als die drei Skiurlauber nach einem Titel für ihre gesammelten Albereien suchten, fiel ihnen nichts ein - außer dem Hundenamen.

(Foto: Foto: Astrid Schmidhuber)

"Wir haben nicht mal gewusst, dass das ein deutscher Berg ist", sagte Wolfgang Ambros, ein Drittel des Trios. Im vergangenen Jahr, 35 Jahre nach dem Skiausflug, war er zum ersten Mal oben, auf dem Berg. Die anderen Drittel widerstanden: Joesi Prokopetz und Manfred Oskar Tauchen haben es nie auf den Watzmann geschafft. Obwohl Letzterer beteuert: "Jedes Mal haben wir uns das vorgenommen: mit der ganzen Truppe aufsteigen.

Aber diesmal machen wir einen Ausflug. Wenigstens bis zum Watzmannhaus. Bis dahin geht eine Straße..." Er ist wieder da: Der Watzmann geht um. Mit neuer Mannschaft versucht sich Tauchen von Dienstag (20.30 Uhr) an im Lustspielhaus an einer Neu-Inszenierung des "Rusticals", wie sie es damals nannten.

Schuld daran ist diesmal kein Hund, sondern Till Hofmann. Der Chef von Lustspielhaus und Lach- und Schießgesellschaft hatte Heimweh nach dem "Watzmann". Vor sieben Jahren gab es auf seiner Bühne eine umjubelte Neu-Aufnahme des alpinen Dramas, damals mit dem Kabarettisten Severin Groebner in der Rolle des "Bua" - und mit Tauchen in der gewohnten Dreifachrolle: Bauer, Knecht und Gailtalerin.

Hofmann musste den Wiener, der mittlerweile in Köln lebt, nicht lange überreden, bis dieser sagte: "Okay, einmal noch, dann zieh' ich das Dirndl aus." Nächsten Montag wird Tauchen 60 - "danach ist der Watzmann nur noch als Gruftical vermittelbar", scherzt Hofmann.

Aus der längst zum "Kult" mutierten Skihütten-Gaudi von einst entstand zunächst ein Live-Hörspiel für den ORF (1972), dann eine wilde Mitternachtsshow samt Striptease, Poesie und Zauberei an sechs Abenden während der Wiener Festwochen und schließlich ein so genanntes Konzeptalbum (1974) - das aber niemand kaufen wollte. "Vielleicht tausend Stück", sagt Tauchen. Zwei Jahre später erreichten ihn wieder Anfragen - aus München. Dort fand Ende der 70er auch der erste Auftritt statt: im Deutschen Museum.

Es gab keine Deko, kein Bühnenbild, nix, erzählt Tauchen: "Da bin ich in die nächste Baumschule und hab' acht Fichten gekauft." Der Abend wurde ein Erfolg, der SZ-Kritiker jubelte. 1981 folgte eine Deutschland-Tournee - ein noch größerer Erfolg. Allerdings nicht in der Heimat. Egal. Auch die nächste Tour zehn Jahre später füllte selbst die größten Hallen: "Der Circus Krone war 14 Tage lang ausverkauft", erinnert sich Tauchen. Danach war Schluss. Ambros, einst Tauchens WG-Kumpel, stieg aus. Es wurde ruhiger um den "Watzmann", abgesehen von ein paar Inszenierungen, die das Original zum Teil kräftig verfremdeten.

Genau das will Tauchen bei der - mal wieder - letzten Neu-Inszenierung vermeiden: "Keine ex tempores mehr. Das Stück ist blöd genug. Ich will es jetzt noch einmal so spielen, wie es sich gehört. Beim letzten Mal waren es eher eine Zwei-Mann-Show: der Groebner und ich. Aber jetzt ist es ein richtiges Ensemblestück."

Co-Regisseurin Ruth Lederle erläutert: "Die Mägde sind stärker eingebunden. Nicht die Band singt, sondern alle Darsteller. Es gibt mehr Chöre, mehr Musical." Und bis auf den Original-Tauchen lauter frische Darsteller. Alles ist neu, sogar das Dirndl der Gailtalerin. Nur der mehrfach geflickte Janker des Bauern stammt noch aus dem Jahr 1981.

Die neue Truppe hatte Till Hofmann innerhalb von zwei Tagen beisammen: Sie kommt sozusagen aus der Schwabinger Nachbarschaft. Der musikalische Leiter Titus Vollmer, gefeierter Gitarrero und Filmkomponist, ist öfter mal im Lustspielhaus zu Gange. Die Mägde Constanze Lindner und Lesley Higl spielen dort wie auch der Erzähler Martin Mantel ein Kinder-Musical, Julia Heinze hat Erfolg in Kino ("Shoppen") und TV ("Tatort"). Nepo Fitz, 26-jähriger Schauspielschüler, war drei Jahre mit Mama Lisa auf Kabarett-Tour und gibt nun einen stimmstarken Buam ab.

Tour auf den Nachbarberg

Als Kind hat ihn der "Watzmann" immer gegruselt: "Ich hab' ganz ernst zugehört - und im Berg immer dran gedacht." Hannes Ringlstetter, Straubinger Singer-Songwriter und Moderator von "Blickpunkt Spott" im Vereinsheim, ist ins Münchner Kleinkunstmekka umgezogen, spielt den diabolisch-buckligen Knecht und passt zu Tauchen wie "Arsch und Eimer" - sagt Tauchen.

Ringlstetter sagt: "Der Fredi ist ein ganz großes Geschenk." Als er 15 war, kannte Ringlstetter von Tauchen nicht den "Watzmann", sondern "DÖF" (Deutsch-Österreichisches Feingefühl), die Neue-Deutsche-Welle-Formation mit Prokopetz, Annette und Inga Humpe samt ihrem Hit "Ich düse, düse, düse, düse im Sauseschritt". Das änderte sich: Der "Watzmann" wurde Inspiration für den angehenden Musiker, bestärkte ihn in seinem Liedermacher-Tun.

Vor den vierwöchigen Proben kraxelte Ringlstetter gar - nein, nicht auf den Watzmann -, aber immerhin auf den Jenner, den Nachbarberg. Zur Einstimmung. Und wer weiß: Vielleicht machen sie ja wirklich noch einen gemeinsamen Ausflug, die Mägde, Knechte und Bauern. Denn der Watzmann, der hat sich noch jeden geholt.

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