Wasserretter:Notfälle im Wasser

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Die Strömungsretter üben gerne mal im Eisbach. (Foto: privat)

Die Strömungsretter sind eine junge Sondereinheit

Von Philipp von Nathusius

Ein bisschen erinnert die Szenerie an Wasserballett: In hauteng anliegenden Anzügen aus rotem und blauem Neopren stehen fünf Männer vor dem Eisbachkanal am Haus der Kunst. Keine 50 Meter bachaufwärts bestaunen Touristen die Surfer, für das Quintett dagegen interessiert sich niemand. Dann hechtet der erste der Fünf in die Flut, seitwärts, so formschön, als ginge es um Haltungsnoten; die Füße eng zusammen, die Beine gestreckt, die Arme rahmen den Kopf mit Schutzhelm ein.

Tatsächlich handelt es sich nicht um Wassersportler, sondern um Wasserretter. Genauer: um die Strömungsretter der Freiwilligen Feuerwehr Oberföhring. Seit 2013 erst gibt es die Spezialeinheit. "Bei den Einheiten am Eisbach geht es ums Abhärten", erklärt Thomas Meyer. "Sich mal eiskaltes Wasser ins Gesicht klatschen lassen, ins Dunkle tauchen, die Kraft des Wassers spüren." Der 39-jährige Oberlöschmeister ist seit 24 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr und somit Dienstältester der sechs Oberföhringer Strömungsretter. Sechs weitere Strömungsretter bilden bei den Kameraden der Sollner Freiwilligen eine zweite Schwesterneinheit. Dort also, wo die Isar in München hineinsticht und dort, wo sie die Stadt verlässt, hat die Freiwillige Feuerwehr ein Dutzend Spezialkräfte ausgebildet, wie es sie eigentlich nur bei den hauptberuflichen Rettern bei den ebenfalls ehrenamtlichen Kräften der Deutsche-Lebensrettungs-Gesellschaft gibt.

Bei der Münchner Berufsfeuerwehr verfügen zwar alle Einsatzkräfte über eine Zusatzqualifikation als Rettungsschwimmer. Bis vor drei Jahren verständigte die Leitstelle die Tauchereinheiten der Feuerwachen 5 in Ramersdorf und 6 in Pasing bei riskanten Rettungseinsätzen zu Wasser. Doch der Weg von dort kann bei Notfällen weit sein. "Wir sitzen einfach näher dran, wenn es hier draußen mal zu einem Notfall kommt", sagt Meyer. Natürlich werden alle Einsätze auch weiterhin von den Kräften der Berufsfeuerwehr koordiniert, die im Zweifel auch das letzte Wort haben. Was angesichts ihrer Erfahrung absolut Sinn mache, betont Meyer.

Gemeinsam mit den elf anderen Freiwilligen hat er für die Ausbildung sieben Tage Adrenalin in und an Tiroler Gebirgsflüssen hinter sich gebracht. Stromschnellen, Wasserwalzen, Abwärtsstrudel. Wo sonst Abenteuerlustige mit Rafting-Booten unterwegs sind, haben österreichische Wildwasser-Rettungs-Experten die Münchner Feuerretter trainiert. "Spaß an Action sollte man schon haben", sagt Meyer. Und körperlich wie geistig fit sein.

Drei Einsätze hatten die Oberföhringer seit 2013, die sechs Sollner haben bisher nur wenige Einsätze mehr zu verzeichnen. Bei der Entscheidung, die beiden Strömungsretter-Einheiten zu gründen, spielten jedoch nicht nur Einsätze im Stadtgebiet eine Rolle. Es ging auch um Kontingenthilfe, erläutert Meyer. Jene Einsätze andernorts also, bei denen externe Kräfte gebraucht werden, wie beim Hochwasser in Rosenheim vor drei Jahren.

Um nach Kräften darauf vorbereitet zu sein, wenn am Stadtrand oder darüber hinaus wieder mal ihre Hilfe angefordert werden sollte, trainiert Meyer mit seiner Einheit regelmäßig für den Ernstfall. Mindestens alle zwei Monate zwängen sich die Oberföhringer Kameraden dafür in ihre neue Neopren-Konfektion und lassen sich mal wieder eine ordentliche Ladung eisiges Wasser ins Gesicht peitschen.

© SZ vom 30.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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