Was die Stadt tut:Manchmal braucht es etwas länger

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Rund 550 Mastochsen, von denen ein Fünftel für das Oktoberfest bestimmt sind, werden auf Gut Karlshof artgerecht gehalten. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Rathaus will Vorbild sein - doch das ist gar nicht so leicht

Gut Ding will Weile haben: Mit diesem Sprichwort lässt sich ganz gut beschreiben, wie es die Stadt München mit ihrer Vorbildfunktion hält. Nun hat sie als Stadt, wie dieser Oberbegriff schon sagt, mit Landwirtschaft eigentlich nicht allzu viel zu tun. Mal abgesehen davon, dass sie im Stadtgebiet und drumherum tatsächlich zehn landwirtschaftliche Güter besitzt, darunter das 330 Hektar große Gut Karlshof bei Ismaning. Und dort gibt es auch an die 550 Mastochsen. Die Ochsenbraterei auf dem Oktoberfest bezieht hier zum Beispiel ihre ganzen Ochsen, und auch die Metzgereikette Vinzenz-Murr wird mit Ochsenfleisch aus Karlshof beliefert, daneben gibt es noch den Hofverkauf. Geschlachtet werden die Tiere ganz konventionell am Münchner Schlachthof. Artgerechte Tierhaltung gibt es in vollem Umfang erst seit 2002 auf Gut Karlshof, die Stallungen waren bis dahin zwei Jahre lang entsprechend umgebaut worden. Seither gibt es auch Liegebuchten und Laufhöfe für die Tiere.

Gar nicht so einfach ist es offenbar, in den städtischen Kantinen auf die Versorgung mit Fleisch aus artgerechter Haltung umzustellen. Zwar hat der Stadtrat schon im Oktober 2013 auf Antrag der damals noch an der Rathauskoalition beteiligten Grünen beschlossen, Fleisch zu mindestens 30 Prozent aus artgerechter Tierhaltung zu beziehen oder für mindestens eine Haupttierart - Rind, Schwein, Geflügel - ausschließlich aus dieser Haltungsform. Die Umsetzung gestaltete sich freilich etwas schwierig, wie das Personalreferat vor drei Wochen im Stadtrat berichtete.

Nicht nur deshalb, weil es sich bei dem 2013 beschlossenen Antrag sozusagen um ein ernährungspolitisches Gesamtpaket handelte, bei dem es auch um die Anteile von ökologischen, regionalen und fair gehandelten Lebensmitteln in den städtischen Kantinen des Rathauses, des Kreisverwaltungsreferats und des Baureferats ging. So sollten Bioprodukte zehn Prozent, regionale Lebensmittel - aus einem Umkreis von 100 Kilometern - mindestens 30 Prozent ausmachen sowie Kaffee und Tee ausschließlich aus fairem Handel bezogen werden. Man kommt dabei, vorsichtig gesagt, recht langsam voran. Mittlerweile hat man ein externes Beratungsunternehmen eingeschaltet, mit dem man vor einem Dreivierteljahr Ziele für die Steigerung der Bio-Quote vereinbart hat. Immerhin hat sich herausgestellt, "dass ökologisch und regional erzeugte und fair gehandelte Produkte mehr und mehr im Speiseangebot der städtischen Kantinen Berücksichtigung finden", berichtet das Personalreferat. Genaue Zahlen legt die Behörde allerdings noch nicht vor. "Der Umfang der eingesetzten Lebensmittelqualitäten" sei noch verschieden, heißt es nur.

Das soll sich immerhin bald ändern. Denn die städtischen Kantinen sollen künftig durch eine Öko-Kontrollstelle zertifiziert werden und die Pachtverträge angepasst werden. Längerfristig will man den Bio-Anteil auf 20 Prozent steigern, das könnte dann allerdings zu deutlichen Preiserhöhungen führen. Soziale Preise möchte man aber schon beibehalten, heißt es.

Mittlerweile gehen die beiden grünen Stadträtinnen Katrin Habenschaden und Sabine Krieger mit einem neuen Antrag noch einige Schritte weiter. Sie wollen eine Selbstverpflichtung der Stadt erreichen, in allen städtischen Einrichtungen, bei allen Empfängen und allen öffentlichen Veranstaltungen, bei denen die Stadt Hausherr ist, nur noch Fleisch aus artgerechter Haltung zu verwenden oder vorzuschreiben. Das ist ein recht ehrgeiziges Vorhaben, denn zu den Veranstaltungen gehört beispielsweise auch das Oktoberfest. Und nur ein sehr geringer Teil der jährlich 500 000 verspeisten Wiesnhendl stammt bisher aus artgerechter Haltung.

© SZ vom 13.07.2015 / fjk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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