Warten auf den Frühlingsanfang:Blütenträume im Februar

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Tulpen in warmen Farben gegen trübes Grau: Die Ideen für Frühlingsgefühle im Winter sind zahlreich. (Foto: Walter Korn)

Schon wieder Eis und Schnee: Dabei haben wir den Winter so satt - bis auf einige Skifahrer. Wie sich die Münchner mit einem Hauch von Frühling schon jetzt auf wärmere Tage einstellen .

Von Christina Warta, Anne Goebel und Christian Mayer

Sigmund gibt keine Ruhe. Das Tief mit dem sanft klingenden Namen bringt wieder kalte Luft, Schnee, eisige Nächte. Meteorologisch gesehen ist das mitten im Februar nichts Absonderliches, und aus Sicht der Skifahrer kann die Frostperiode sowieso nicht lange genug dauern.

Es gibt aber auch Menschen, die sich schön langsam sattgesehen haben an der weißen Pracht. Noch ein Monat bis Frühlingsanfang: Die SZ hat sich in der Stadt umgeschaut nach Leuten, die den 20.März kaum erwarten können. Das Ergebnis: Für alle, die erste Anzeichen einer Winterdepression mit einer Hyazinthenarmada am Küchenfenster bekämpfen, gibt es eine gute Nachricht. Sie sind nicht allein.

Wintereinbruch in Bayern
:Härtetest im Schnee

Ein ehemaliger Ministerpräsident spielt in Kreuth mit Schnee, ein Rentner muss in München auf dem Balkon frieren - und ein Rad macht Hoffnung auf den Frühling. Der Wintereinbruch in Bildern.

Im Zoo Hellabrunn haben die wenigsten Tiere Probleme mit Schnee und Kälte. Die Elefanten sind täglich draußen unterwegs, und auch die Giraffen tappen durchs Gehege. "Da ist es vor allem wichtig, dass der Untergrund nicht eisig glatt ist", sagt Sprecherin Verena Wiemann. Eisige Temperaturen aber machen den exotischen Tieren kurzfristig nicht viel aus.

Menschenaffen machen Erkältungswellen durch

Anders ist das dagegen bei den Roten Sichlern und Waldrappen, die sonst in der großen Voliere herumflattern. Den Winter verbringen die Vögel in einem geschlossenen Haus, bevor sie im März endlich wieder ins Freie dürfen. Zu den empfindlichen Naturen in Hellabrunn gehören übrigens auch die nächsten Verwandten des Menschen, die Menschenaffen. "Sie sind uns in dieser Hinsicht sehr ähnlich", sagt Verena Wiemann, "sie schnupfen und niesen und machen im Winter Erkältungswellen durch."

Wie der Mensch, so werden auch Gorillas, Schimpansen und Orang-Utans mit Hustensaft behandelt und erholen sich in der Regel auch schnell wieder. Nicht wenige Menschen würden den Winter am liebsten ganz verschlafen, so wie die betagte Braunbärin Olga. Für Mitte März erwartet man im Zoo das Ende ihrer Winterruhe - dann, wenn die schlimmste Kälte endlich vorbei ist. Christina Warta

Elefant Ludwig im Tierpark Hellabrunn
:Zum Abschied ein "Törööö"

Am liebsten wälzt sich der kleine Bulle im Matsch oder ärgert seine Tanten. Doch nicht mehr lange. Zu seinem vierten Geburtstag muss Elefantenbulle Ludwig den Münchner Zoo verlassen.

Hier herrscht ewiger Frühling, es ist ein einziges Sprudeln, ein Plätschern, ein Aufblühen das ganze Jahr über, und das bei konstant gleichbleibenden Temperaturen um die 22 Grad. Für manche mag die Therme Erding das Purgatorium schlechthin sein, aber die meisten Besucher schätzen ja gerade diese schwülwarme Hyperaktivität: Draußen versinkt die Landschaft in Eis, Schnee oder Schmuddelmatsch, drinnen versinkt das vergnügungssüchtige Volk im Champagnerpool oder in einem der ungefähr 138 Dampfbäder.

Wellness oder Wahnsinn unter künstlichen Palmen?

Schließt man die Augen, dann hört man von Ferne das Kreischen der Kids, die auf den galaktischen Superrutschen in die Tiefe sausen und sich dann wieder einreihen in die Vergnügungsschlange. Ganz still ist es nur in den geschlossenen Solarien, wo eine kalte Sonne Tag und Nacht scheint. Ist das Wellness oder Wahnsinn unter künstlichen Palmen? Auf alle Fälle ganz angenehm, wenn man dem Winter mal entfliehen will. Christian Mayer

Natürlich muss sie vorne dran sein, das sagt schon der Name: Primula heißt "die Erste", und Primeln blühen eher als andere Pflanzen - wenn draußen noch Schnee die Erde bedeckt. Trotzdem schüttelt Andreas Walle den Kopf über die jüngste Entwicklung. "Es wird immer verrückter", sagt der Gärtner. "Die ersten Primeln kriegen wir vor Weihnachten in die Regale."

Richtig in die Gänge kommt das Geschäft mit den "Frühlingsblühern" nach den Feiertagen, wenn die Leute zusehends genug vom frostigen Wetter haben. An die hundert Primeln gehen derzeit täglich bei Dehner am Viktualienmarkt über den Ladentisch, wo Walle seit 1991 beschäftigt ist. Ebenfalls beliebt sind filigrane Narzissen, Schneeglöckchen und Krokusse im Tête-à-tête-Topf mit dicht an dicht gesetzten Zwiebeln.

Wenn schon nicht draußen, dann wenigstens drinnen Frühling

Offenbar befriedigen solche zart sprießenden Gewächse am ehesten die Sehnsucht nach den ersten lauen Lüften - Walle beobachtet jedenfalls besonders oft den "Impulskauf": Wenn der Frühling schon draußen nicht kommt, nehme ich ihn mir mit, das habe er erst neulich wieder von einer Kundin mit Primel gehört. Ob es da Modefarben gebe? Pink, wildes Violett? Andreas Walle sagt, mehr als die Hälfte der verkauften Primula-obconica-Exemplare sind gelb und orange. Was die Vermutung bestätigt: Es geht um den tiefen Wunsch nach Licht und Wärme. Anne Goebel

Immer wieder kommen Menschen in das Reisebüro "Cosmic Reisen" von Eveline und Thorsten Finger in Sendling und sagen Sätze wie diesen: "Ich muss jetzt endlich hier weg." Viele Münchner haben genug vom Schneeschippen und Autoscheibenfreikratzen. Und so bucht, wer über ausreichend Zeit und Geld verfügt, so schnell wie möglich seine ganz private Flucht in die Wärme.

"Besonders im Januar und Februar haben wir immer viel zu tun, das war dieses Jahr nicht anders", sagt Eveline Finger. "Im März lässt die Nachfrage dann wieder nach." Kein Wunder, denn dann sind die Sonnenhungrigen bereits unterwegs in fernen Ländern, um bei sommerlichen Temperaturen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen oder sich an blauschimmernden Hotelpools zu aalen.

Bali, Thailand oder doch Madeira?

Dabei nehmen die meisten Wintergeplagten gerne auch weite Reisen in Kauf: Sie fliegen am liebsten nach Bali und Mauritius, nach Ägypten und Thailand. "Wer nicht so weit weg will, ist um diese Jahreszeit mit Madeira oder Zypern gut beraten", sagt Eveline Finger, "die meisten Menschen aber buchen gleich eine Fernreise." Genau wie die Reisebüro-Inhaberin selbst. Sie zieht es im März nach Dubai - weil die Temperaturen dort im Moment so angenehm sind. Christina Warta

Vorwitzig haben die Winterlinge im Freigelände des Botanischen Gartens kürzlich schon mal ihre gelben Blüten ins Freie geschoben - zu vorwitzig, denn kurz darauf fiel der nächste Schnee und bedeckte die Frühblüher wieder unter einer weißen Decke. Dass Gärtner langsam ungeduldig werden, verwundert nicht. Denn je länger die kalte, dunkle Jahreszeit währt, umso mehr leiden die Pflanzen.

Den Palmen fehlt unter den Glasscheiben langsam das Licht. Im Nutzgarten wartet der Gärtner darauf, endlich die Beete für jene Pflänzchen vorzubereiten, die er schon vorgezogen hat, Salatpflanzen etwa. "Als Gärtner lebt man mit dem Kreislauf der Jahreszeiten", sagt Ehrentraud Bayer, stellvertretende Direktorin des Botanischen Gartens, "deshalb werden die Kollegen langsam ungeduldig."

Im Frühling werden die Schmetterlinge weitergegeben

Das gilt auch für den Schmuckhof: Dort wurden im Herbst Tausende Blumenzwiebeln gesteckt, auf deren Austrieb nun gewartet wird. Im Tropenhaus endet dagegen mit dem Beginn des Frühlings die Zeit der Schmetterlinge. "Die letzten Tiere werden eingefangen und anderen Schmetterlingshäusern übergeben", sagt Ehrentraud Bayer über das Ende der Ausstellung Mitte März. Anschließend wird gelüftet, damit die Pflanzen nicht noch von Schädlingen befallen werden. Christina Warta

"So einen klaren Bruch hatte ich noch nie", sagt Susanne Bommer über ihre aktuellen Kollektionen. Für den noch nicht ganz zu Ende gegangenen Winter hat die Münchner Designerin mit dunkel verhaltenen Tönen gearbeitet, "sensibel" nennt sie solche Schattierungen. Und die Vorschläge für das Frühjahr prangen wie Ausrufezeichen in ihrem Schaufenster an der Rumfordstraße: Kleider aus Seide und Chiffon mit Fruchtbombeneffekt.

Mit "Electric lime" und Smaragd gegen Wintermüdigkeit

"Electric lime" und Smaragd lauten die Namen für die Grünnuancen, mit denen Susanne Bommer ihre wintermüden Kundinnen in Mailaune bringen will. Und das dürfte, dem Geldbeutel sei's geklagt, ziemlich oft gelingen, und wenn es nur für ein limettengrünes Etwas zum Anstecken reicht aus Federn und Satin. Auch zum Tüll, mit dem die Modeschöpferin Bräute und Hochzeitsgäste vom hohen Norden bis nach Los Angeles einkleidet, ist sie wieder zurückgekehrt: Für einen gebauschten Rock der Frühjahrskollektion 2013 hat Susanne Bommer 16 Meter Material verarbeitet in Rosé, Lachs und Türkis.

Fashion Week London
:Gelb, gelb, gelb sind alle meine Kleider

Dotter, Sonne oder Zitrone: Es wird gelb im kommenden Herbst und Winter. Davon sind zumindest die Designer überzeugt, die ihre Entwürfe auf der Londoner Modewoche präsentieren. Sonnige Momente in Bildern.

Den Sog, den das fluffige Textil offenbar auf Frauen jeden Alters ausübt, nennt Bommer "das Feen-Ding": Ein Hang aus Kindertagen zu Verkleidungsspielen, Märchenhaftem. Überhaupt scheint ihr Laden anzustiften zum Ausbrechen aus der Realität. "Es ist schon lustig zu sehen", sagt sie, "wenn es schneit und schneit, werden bei uns rückenfreie Sommerkleider probiert." Anne Goebel

Eisdielen in München
:Ice Ice, Baby!

Sommer in der Stadt. Was gibt es da schöneres als eine süße Erfrischung? Ob Bio, Gorgonzola, Weißwurst oder einfach nur ein ganz normales Stracciatella: München hat unzählige Eisdielen mit unzähligen Sorten. Ein Überblick.

Für seine Stammkunden ist es jedes Jahr spannend, was Alberto Guadagnini aus seinem Garten mitbringt. Mit den Zutaten probiert er neue Eissorten aus, und wenn er eine für wirklich gelungen hält, serviert er sie im "Crema Gelato" an der Landwehrstraße. So ist im vergangenen Herbst die Feigen-Variante zum Renner geworden - an das angeblich besonders intensive Aroma der Himbeeren von den Familiensträuchern in Treviso hatten sich seine treuen Fans da längst gewöhnt.

Schokolade und Nougat tröstet

Seit Ende Januar hat der 47-Jährige seine Eisdiele wieder geöffnet, und im Gepäck auf der Heimreise aus dem Veneto war eine tiefgefrorene Zubereitung aus Kaki: Die orangefarbenen Früchte gedeihen in großen Mengen im Garten seiner Schwiegereltern, erzählt er. Bei sonnigem kalten Winterwetter bevorzugten die Münchner den tröstlichen Geschmack von Schokolade oder Nugat. "Das wärmt", glaubt der Italiener. "Zitrone braucht da keiner, wenn man eh schon friert."

Ob sich das honigartig-pelzige Aroma der Kaki als Eissorte bewährt oder die Amarena-Kirsche ein Favorit bleibt, werden schon die ersten Frühlingstage zeigen. "Dann bekommen die Leute sofort Lust auf Sorten, die sie an den Sommer erinnern", sagt Guadagnini. Anne Goebel

© SZ vom 20.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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