Wahlkampf:Exkursion im Neuland

Lesezeit: 2 min

Forschungsreise in Sachen Medizin: In Riem hat Angela Merkel am Dienstag auch die Zentrale der Firma Brainlab von Stefan Vilsmeier (rechts) eröffnet. (Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Bundeskanzlerin Merkel besucht Unternehmer und eröffnet die Brainlab-Zentrale

Von Alfred Dürr, Maximilian Gerl

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist es ein kleiner Spaziergang durch die Messestadt Riem: Vom Treffen der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) auf dem Messegelände macht sie sich auf den Weg zur Eröffnung der neuen Zentrale der Medizintechnik-Firma Brainlab. Der Bau, der um den historischen Tower des ehemaligen Flughafens München-Riem entstanden ist, sei Ausdruck eines sehr innovativen Unternehmens, lobt Merkel. Brainlab sei ein "guter Botschafter eines innovativen Deutschlands" und habe es auch noch geschafft, "museale Gegenstände" wie den früheren Kontrollturm in den Verwaltungskomplex zu integrieren. Brainlab begann 1989 als Start-up und zählt heute zu den Weltmarktführern bei computergestützten Operationsmethoden. Von denen macht sich Merkel bei einem Rundgang durch die Muster-Operationssäle selbst ein Bild.

Auch die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagt, sie sei stolz darauf, dass Bayern bei der Digitalisierung ganz vorne mit dabei sei. Dazu komme, dass die Brainlab-Technologie für viele Menschen, die sich einer schweren Operation unterziehen müssten, ein Segen sei. Das bestätigt Johannes Schramm, einst Direktor der neurochirurgischen Klinik am Uni-Klinikum Bonn: Die Technik in den OP-Sälen sei durch die von Brainlab entwickelte Software revolutioniert worden.

Zur Tagespolitik gibt Merkel keine Kommentare ab. Ähnlich wie zuvor auch beim Wirtschaftsgipfel. Martin Schulz? War da was? Mit keinem Wort erwähnt die Bundeskanzlerin ihren Herausforderer von der SPD. Dabei ist der auch in München auf Wahlkampftour, genau wie die Bundeskanzlerin. Eine Spitze aber kann sie sich dann doch nicht verkneifen. Wer sich an der Vermögens- und Erbschaftssteuer versuchen wolle, sagt Merkel am Rednerpult, müsse "schon fast masochistisch veranlagt" sein. Gelächter im Saal.

Jedes Jahr lädt die VBW, der größte Wirtschaftsverband im Freistaat, einen Redner aus der Politik ein. Merkel war schon 2002 und 2013 da. Abgesehen von jener Spitze gibt es für Merkel wenig Anlass, Schulz zu erwähnen. Sie konzentriert sich lieber auf das, wovon ihr Herausforderer selbst gerne berichten würde: Regierungsarbeit. Merkel zählt auf, was Deutschland unter ihrer Führung in den vergangenen Jahren alles erreicht habe. Die Zahl der Arbeitslosen etwa sei unter 2,5 Millionen gesunken. Der Haushalt schreibe schwarze Zahlen und komme ohne Neuverschuldung aus - damit herrsche "ein Stück Generationengerechtigkeit". Merkel zitiert dann ein wenig aus dem gemeinsamen Wahlprogramm der Union. Steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber stehen darin genauso wie eine Erhöhung des Kindergelds.

Die Kanzlerin warnt aber auch. Sie sei sich nicht sicher, sagt Merkel, ob wirklich alle Unternehmer in Deutschland verstanden hätten, was Digitalisierung bedeute: nämlich eine "dramatische Änderung in den Geschäftsmodellen". Vor den Wirtschaftsbossen wie bei Brainlab fordert sie, Gesellschaft, Firmen und die Politik müssten sich stärker darauf einstellen. Junge Menschen sollten überzeugt werden, ihre Berufsausbildung in diesem Fachbereich zu absolvieren. Auch in den Schulen müsse die Digitalisierung noch stärker betont werden.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: