Von wegen Glasscherbenviertel:Besser als der Ruf

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Schach der Anonymität: Beim Treffen der Seniorenspielgruppe im Hasenbergl werden Kontakte gepflegt. (Foto: Catherina Hess)

Das Hasenbergl will beweisen, dass es für alle Einkommensklassen attraktiv ist

Von Simon Schramm, München

Als das Hasenbergl in den Sechzigerjahren entstand, war ein Großteil der damals rund 8800 Wohnungen öffentlich gefördert. Seitdem sind viele Wohnungen aus der sozialen Bindung gefallen. Wie viele Sozialwohnungen es im Hasenbergl derzeit genau gibt, ist unklar. Im Vergleich zu früher jedenfalls wesentlich weniger: Im gesamten Stadtbezirk 24, zu dem das Hasenbergl gehört, schätzt das Sozialreferat die Anzahl auf knapp 1500. "Die meisten davon sind wahrscheinlich im Hasenbergl", sagt Markus Auerbach (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses. Vor diesem Hintergrund diskutierte man jüngst im Stadtviertel-Gremium, ob das Hasenbergl nicht ein besonderer Fall wäre, bei dem man auf das Instrument der Münchner Mischung ausnahmsweise verzichten könnte.

Auslöser war ein CSU-Antrag, der forderte, diese Mischung bei zwei privaten Bauvorhaben zu lockern. Die Bauträger sollten mehr Wohnungen für den freien Markt bauen dürfen als sonst üblich. Die Begründung: Es gebe im Hasenbergl eben schon viele geförderte Wohnungen, man sollte deshalb versuchen, mehr Besserverdiener anzusiedeln. Im Zuge des für Geringverdiener und anerkannte Flüchtlinge gedachten Bauprogramms "Wohnen für alle" werde die Quote der Münchner Mischung dann wieder erreicht. Der CSU-Ortsverband stellte damit eine grundsätzliche Frage: Soll die Stadt ein Mittel zur Steuerung der Zusammensetzung in einem Viertel anwenden, wenn es dort schon viele geförderte Wohnungen gibt? Und gibt es im Hasenbergl tatsächlich noch viele Sozialwohnungen, hat die Stadt überhaupt noch genügend Belegungsrechte im Viertel, um Geringverdiener unterzubringen?

Angesichts dieser ungeklärten Fragen formulierte die CSU ihren Antrag neu. Statt der beiden privaten Bauvorhaben bezog sich die CSU nun auf den Mix bei den geförderten Wohnungen. Deren Belegung, so forderte sie, solle zu je einem Drittel mit Münchnern aus den Förderstufen 1, 2 und 3 erfolgen; diese Stufen bilden unterschiedliche Einkommensgruppen ab, die dritte Stufe etwa ein Einkommen von bis zu 19 000 Euro netto jährlich.

Die Idee dahinter ist offenbar, mehr halbwegs Gutsituierte ins Hasenbergl zu locken. Dieses Ziel vor Augen, beschloss der Bezirksausschuss die CSU-Forderung, auch wenn die Stadt diesen Mix ohnehin schon praktiziert. Im Stadtteil-Gremium ist man darüber hinaus der Ansicht, dass dem Viertel zu Unrecht immer noch ein schlechter Ruf anhaftet. Der Bezirksausschussvorsitzende Auerbach findet, dass Münchner mit mittlerem Einkommen guten Gewissens dort hinziehen könnten: "Das Hasenbergl ist nicht mehr das Problemviertel, viele wissen gar nicht, was dort los ist und wie sehr sich die Infrastruktur verbessert hat."

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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