Vollzeit:"Was fehlt, ist Zeit zu dritt"

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Frühschicht, Spätschicht: Tina und Ben arbeiten aneinander vorbei. (Foto: Florian Peljak)

Tina und Ben arbeiten beide Vollzeit und sehen sich selten

"Tina hält mir den Rücken frei", sagt Ben, und das hört sich absurd an. Schließlich arbeiten beide Vollzeit, was in ihren Positionen - Tina ist Hoteldirektorin, Ben leitet den gastronomischen Bereich eines anderen Hotels - nicht selten einer 50-Stunden-Woche entspricht. Doch für die beiden macht das Sinn. Tina ist bereits oben angekommen. "So viel mehr als Direktorin kann ich nicht mehr werden", sagt sie. Ben steht das noch bevor, und um dieser Karriere nicht im Weg zu stehen, steckt Tina bei Terminkollisionen eher mal zurück. Doch Ben ist sich noch nicht sicher, ob wirklich zwei Führungspositionen in einer Familie machbar sind. Sein Vater sei fast nie da gewesen, als er klein war, sagt Ben. Und dass er es eigentlich anders machen wolle.

Tina und Ben, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen wollen, haben einen fünfjährigen Sohn. Paul geht ganztags in den Kindergarten, doch um ihr Pensum zu schaffen, müssen Tina und Ben aneinander vorbei arbeiten. Tina beginnt gegen sieben Uhr und versucht, Paul um 17 Uhr abzuholen - was oft nicht klappt, dann springen Nachbarn und befreundete Eltern ein. Ben bringt seinen Sohn hin und arbeitet lange. "Ein gemeinsames Abendessen zu dritt kommt vielleicht fünfmal im Jahr vor", sagt Tina. Gemeinsame Wochenenden sind die Ausnahme.

Und wer macht den Haushalt? "Wir beide", sagen sie sofort, ein Ungleichgewicht gebe es nicht. "Wir sind beide extrem pedantisch und räumen immer alles sofort auf", das komme durch die Arbeit in der Hotelbranche. Keiner gehe aus dem Haus, ohne vorher das Bett zu machen. Addieren sie Kinderbetreuung, Haus- und Erwerbsarbeit, kommt locker ein 15-Stunden-Tag zusammen. Was fehlt, ist entspannte Zeit zu dritt. "Unsere zwei Wochen Sommerurlaub sind mir deshalb sehr wichtig", sagt Tina. Sie ist zufrieden mit ihrem anstrengenden Modell. Ben dagegen hat seine Zweifel.

© SZ vom 27.02.2016 / bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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