Volksbegehren für Mietenstopp:Die Wohnungsfrage bleibt ungelöst

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Skeptische Stimmen aus Richtung der Hausbesitzer, die beklagen, dass kein gutes Klima für Wohnungsbau herrsche

"Parallelwelten auf dem Wohnungsmarkt" vom 22. Mai, "Ich habe doch auch Eigenbedarf" vom 19. Mai, "Volksbegehren für Mietenstopp" und Kommentar "Hart und fair" jeweils vom 27./28. April:

Rechtlich fragwürdig

"Kann das Land das regeln? Ganz klar, sagen Verfassungsrechtler." Knackpunkt des geplanten Volksbegehrens (für Mietenstopp; d. Red.) ist in der Tat die Frage, ob das Land für ein entsprechendes Gesetz zuständig ist. Hierzu werden unterschiedliche Auffassungen geäußert werden. "Ganz klar" ist die Zuständigkeit des Landes aber nicht. Das "Wohnungswesen" allerdings ist seit der Föderalismusreform 2006 Sache der Länder.

Für das Mietrecht als bürgerliches Recht sind demgegenüber Bund und Länder konkurrierend zuständig, die Länder sind dies jedoch nicht mehr, wenn der Bund hier erschöpfend tätig geworden ist. Ob es sich um "Wohnungswesen" oder Mietrecht handelt, mag unterschiedlich gesehen werden. Die Zielsetzung des Gesetzes - Mieterschutz - spricht eher für letzteres. Das Mietrecht allerdings ist vom Bund recht eingehend geregelt - ob hier noch Freiraum für die Länder besteht, ist durchaus fraglich und jedenfalls nicht "ganz klar". Prof. Dr. Christoph Degenhart, Nürnberg

Das Mietwohnungsproblem aus Hauseigentümer-Perspektive

So traurig es sein mag: Eigenbedarf darf immer nur an das Eigentum gebunden sein. Sonst würde der Eigentumsgedanke auch ohne den linkspopulistischen Herrn Kühnert (Juso-Bundesvorsitzender Kevin Kühnert; d. Red.) ausgehebelt. Und dann vollends gute Nacht, Deutschland.

Dass unter anderem die deutschen Mietergesetze, welche quasi Richtung Enteignung gehen, ein wesentlicher Grund für den Wohnungsmangel (in begehrten Städten) sind, liest oder hört man komischerweise selten. Im Stuttgarter Raum kann ich alleine in meinem Bekanntenkreis mehrere Wohnungen in gesuchten Wohnlagen nennen, die einfach leer stehen und nicht vermietet werden. Aus vorgenannten Gründen. Alleine dies dürften in jeder größeren Stadt und Umgebung locker ein paar Tausend Wohnungen sein.

Aus gleichen Gründen baut auch seit Jahrzehnten kaum ein Privatmann ein Mietshaus. Aber genau das könnten doch die schlau über den Wohnungsmangel daherredenden Politiker tun. Die haben tolle Einkommen. Investieren offensichtlich jedoch lieber in ihr schönes, großzügiges eigenes Heim. Predigen dann Sozialismus und, was andere mit ihrem Geld tun sollten, beziehungsweise möchten auch noch mit Milchmädchenrechnungen vorschreiben, welche Renditen die Investoren (nicht) erzielen dürfen.

Ein weiteres großes Sofortpotenzial besteht in den vorhandenen Wohnungen, die zum Beispiel möbliert für jeweils wenige Übernachtungen an Urlauber oder Montagetrupps vermietet werden. Das ist eine widerrechtliche Nutzung. Dafür gibt es Hotels. Also, wenn schon alle auf den gleichen Hektaren wohnen möchten: Vorgenannte Potenziale nutzen, Mietergesetze zu Gunsten der Eigentümer ändern und die Gesetze so ändern, dass nicht jeder Hansl ein Objekt / Projekt / Baugebiet verhindern kann, nur weil er vielleicht einen bestimmten Käfer dort entdeckt hat. Den er eventuell vorher auch noch selbst ebenda ausgesetzt hat. Dann haben wir bald genügend bezahlbare Wohnungen für alle. Manuel Wittmann, Reutlingen

Es fehlen die richtigen Anreize

Wieder einmal ein medial bestens geeignetes Problem, das publicityträchtig journalistisch aufbereitet wird. Ob das geplante Volksbegehren aber wirklich durchdacht ist, darf bezweifelt werden. Mir kommt es vergleichbar mit dem Brexit vor. Der Bevölkerung wird vorgegaukelt, dass mit einem Mietenstopp für einige Jahre ein Großteil des Problems gelöst wird. Viele Bürgerinnen und Bürger können oder wollen die Folgen aber gar nicht durchschauen, und da sind wir wieder beim Brexit (und dem sich daraus ergebenden Chaos, was uns seit Wochen fast täglich medial begleitet). Es ist löblich, dass in Artikel 106 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung geregelt ist: "Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung." Allerdings, woraus kann dann abgeleitet werden, dass ein genereller Mietenstopp in Kraft treten darf? Denn in Absatz 2 desselben Artikels steht: "Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden."

Daraus ist klar ersichtlich, dass es um den Bau, nicht aber um andere Maßnahmen, geschweige denn einen Mietenstopp geht; vielmehr müssen Staat und Gemeinden entsprechend Wohnungen bauen oder Genossenschaften entsprechend fördern, dass "billiger" Wohnraum geschaffen werden kann. Es kann aber nicht angehen, dies über einen allgemeinen Mietenstopp bei Bestandsmieten zu regeln, denn all jene, die bereits seit Jahren oder gar Jahrzehnten ihre Wohnungen billigst vermieten (teils unter dem Mietpreis von Sozialwohnungen), werden mehrfach bestraft. Denn es kann sowieso nur in beschränktem Umfang eine Mieterhöhung vorgenommen werden, und irgendwann kommt man dann an den Punkt, dass man überlegen muss, ob sich das Vermieten noch lohnt, zumal Mieter auch immer anspruchsvoller werden und mehr Rechte erhalten. Das würde aber genau das Gegenteil bewirken, nämlich dass noch weniger Wohnraum zur Verfügung steht.

Langjährige Mieter kündigen ist - grundsätzlich richtig - meist nicht möglich (oft auch gar nicht gewünscht), so dass auch eine Neuvermietung nicht in Betracht kommt, bei der dann gegebenenfalls eine ortsübliche Miete verlangt werden könnte. Ob sich die Vorsitzende des Mietervereins hier Gedanken macht, oder ob das nur billigend in Kauf genommen wird, dass auch diese Vermieter "bestraft" werden?

Was Modernisierungen anbelangt, so erachte ich die Forderung auch als allenfalls bedingt geeignet. Vollkommen zuzustimmen ist dem Aspekt, dass Luxussanierungen, die letztlich zu Lasten der Masse der Mieter gehen, vermieden werden müssen. Aber man muss auch bedenken, dass der Gesetzgeber immer mehr Vorgaben macht (Wärmedämmung, Energieeinsparung), andererseits dürfen aber die Maßnahmen zu maximal zwei Euro je Quadratmeter umgelegt werden. Außerdem: Wer bestimmt eigentlich, ob der Wohnungsmarkt vor Ort angespannt ist? Ein Punkt, mit dem sich Gerichte dann wunderschön beschäftigen können.

Völlig unverständlich ist dann, weshalb bei Neubauten keine Vorschriften gemacht werden sollen. Allerdings ist man nach der ersten Neuvermietung offensichtlich genauso betroffen. Kein Anreiz, Wohnungen durch Private zu bauen. Aber genau das bräuchte man doch. Einziges Problem: Viele heutige Vermieter können sich das wegen der hohen Baupreise nicht leisten, denn sonst hätte es in der Tat den Charme, dass auch noch mehr Wohnraum entstehen würde.

Viele weitere Gesichtspunkte (Eigentumsgarantie, Vertragsfreiheit und so weiter) sind darüber hinaus auch nicht berücksichtigt. Wolfgang Guter, Wolfratshausen

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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