Verhältnis von Prominenten und Medien:Das zweifelhafte Glück, eine Zielscheibe zu sein

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Deutsche Prominente pflegen meistens ein kumpelhaftes Verhältnis zum Boulevard. Hart wird es nur, wenn einer sich abschottet.

Christian Mayer

Der Film war ein grandioser Flop, obwohl Mel Gibson als erfolgreicher Produzent und Hollywood-Schauspieler dahinterstand. Doch "Paparazzi", eine Geschichte über blutsaugende Guerilla-Reporter, die gnadenlos schöne Stars und ihre Familien niederknipsen, kam beim deutschen Publikum im Mai gar nicht an. Das Machwerk über die Machenschaften der Branche und über die Abgründe des Boulevard-Journalismus verschwand sofort wieder aus den Kinos.

Aggressive Paparazzi, die auf der Jagd nach immer neuen Bildern die Intimsphäre von Prominenten bedrohen, sind in Deutschland eher selten. Das liegt schon daran, dass es hierzulande keine globalisierten Stars wie Robbie Williams, Angelina Jolie oder George Clooney gibt, die sich weltweit vermarkten lassen - mit exklusiven Fotos, für die oft Millionen bezahlt werden. Und doch hat sich zwei Jahre nach dem "Caroline"-Urteil wieder einiges geändert. Die Furcht vor hohen Anwaltskosten und langwierigen Prozessen hat nachgelassen, wie der sommerliche Klatsch über die schwedische Prinzessin Victoria oder über weitere uneheliche Kinder von Albert von Monaco zeigt.

Freundliche Berichte für Privates

Im Prinzip pflegen viele deutsche Prominente ein freundliches, oft kumpelhaftes Verhältnis zu den Leitmedien des Boulevards. Es ist ein einträgliches Geschäft für beide Seiten: Protagonisten aus Film und Unterhaltung geben ein Stück ihrer Privatsphäre preis und gewähren einen Einblick in ihre Gefühlswelt.

Als Gegenleistung dürfen sie mit freundlichen Berichten rechnen, was den Bekanntheitsgrad steigert. Auch auf diese Weise hat es die Teenie-Band "Tokio Hotel" zur Mediensensation gebracht. Bei Weltstars wie Anna Netrebko diktieren jedoch die Manager die Spielregeln, um die Bilderflut einzudämmen. "Wir halten die Konditionen der Berichterstattung schriftlich fest und versuchen, Termine zu kanalisieren", sagt der Presseagent der Sopranistin, Michael van Almsick.

Andererseits lassen auch die Medien gerne ihre Macht spielen. Wer sich der Inszenierungsmaschine entzieht, kann rasch zur Zielscheibe von Hohn und Spott werden. Jürgen Klinsmann hat das vor der Fußball-WM erlebt, noch bevor er von Bild zum Nationalhelden ausgerufen wurde; den Nachstellungen entzog er sich, indem er regelmäßig nach Kalifornien abrauschte.

Recherche aus Kostengründen aufgegeben

Und als Günther Jauch vor seiner Hochzeit den Klatschorganen nicht mal Häppchen seines Glücks servieren wollte, wurde er im gleichen Blatt mit tief enttäuschten Fans konfrontiert, die ihm Abgehobenheit vorwarfen. Dass am Hochzeitstag dennoch die einschlägigen Fotografen vor der Kirche in Potsdam lauerten, konnte er nicht verhindern. Ohnehin ist die Kontrolle über das eigene Bild schwierig geworden, seitdem ein Heer von Hobby-Paparazzi mit dem Handy Promifotos macht und an Redaktionen schickt.

Ein Teil der Branche hat die Recherche aus Kostengründen ganz aufgegeben. Längst haben sich zwischen Stars und Medien private Bildagenturen etabliert, die für ein paar hundert Euro ganze Bilderstrecken verkaufen und mit Homestorys von C-Promis Geld verdienen. Doch echte Sensationen sind selten, daher wird viel kopiert. "Die gleichen Geschichten rauschen mit Abstand von ein, zwei Wochen durch den gesamten Blätterwald - und witzigerweise beruft man sich dann gerne auf die Konkurrenz, bei der die Berichte nicht beanstandet wurden", sagt der Hamburger Anwalt Michael Nesselhauf. Der Spezialist für Presserecht vertritt namhafte Mandanten, die sich gegen Zudringlichkeiten, Halbwahrheiten oder gar Falschmeldungen wehren müssen. "Je mehr ein Prominenter selbst von seiner Privatsphäre freigibt, desto mehr eröffnet er Spielraum für die Medien", sagt Nesselhauf.

© SZ vom 1.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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