Vererbte Wohnhäuser in teuren Großstädten:Erbschaftssteuer - gerecht, aber mit Nebenwirkungen

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Manche SZ-Leser wollen Haus-Eigentümer entlasten, um günstige Mieten zu bewahren, andere sehen Reiche in der Pflicht zur Abgabe

" Lieb und teuer" vom 3./4. November und das Vererben von Mietshäusern:

Unseliger Druck vom Finanzamt

Vielen Dank, dass Sie die Immobilien- und Wohnfrage auch einmal von dieser Seite beleuchten. Es gibt nach wie vor Immobilienbesitzer, die nicht das Äußerste aus ihrem Besitz herausholen wollen. Wenn es in München neben Sozial- und Genossenschaftswohnungen überhaupt noch bezahlbaren Wohnraum gibt, dann in solchen Mietshäusern in Familienbesitz. Wie zutreffend beschrieben, wird aber schon die Steuer nicht nach den tatsächlich erhobenen Mieten, sondern nach der gängigen Miete errechnet, das heißt, der Staat versucht aktiv zu verhindern, dass Hausbesitzer nach dem Motto "Eigentum verpflichtet" handeln. Und wenn das Eigentum übertragen werden soll oder vererbt wird, sehen sich die Nachkommen vor einer Schenkungs- beziehungsweise Erbschaftssteuerlast, die sie zwingt, sich entweder soweit es nur geht zu verschulden (und die Mieten entsprechend zu erhöhen) oder zu verkaufen. Deshalb sei der Vorschlag von Frau Fischl, die Erben von Mietshäusern mit bestimmten Auflagen steuerlich so zu behandeln wie die Erben von Unternehmen, allen Parteien ans Herz gelegt. Nicht nur Arbeitsplätze müssen geschützt werden, sondern auch bezahlbarer Wohnraum. Cornelia Groethuysen, München

Ungerechte Privilegien

Es ist ganz normal, dass jemand, der eine Immobilie oder ein Unternehmen erbt, einen Kredit aufnehmen muss, um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können. Wer eine Immobilie kaufen oder ein Unternehmen gründen möchte, hat das dafür nötige Bargeld ja meist auch nicht einfach herumliegen. Die Erbschaftssteuer soll unter anderem dazu beitragen, dass Vermögen und damit auch die Möglichkeiten, Einkommen zu erzielen, nicht von Generation zu Generation immer ungleicher verteilt sind. Dass Gloria von Thurn und Taxis einen Teil ihres Tafelsilbers verkaufen musste, hat niemand als Skandal empfunden. Aber auch, wer ein großes Mietshaus oder einen gut gehenden Handwerksbetrieb erbt, ist im Vergleich zu 90 Prozent der Bevölkerung "reich". Der Fiskus muss diese Erben nicht eigens dafür belohnen, wenn sie human mit ihren Mietern oder Arbeitskräften umgehen wollen. Woher wollen wir übrigens wissen, ob nicht viele langjährige Mieter, die sich niedriger Bestandsmieten erfreuen, eigentlich gar nicht besonders bedürftig sind? Finden wir es gerecht, wenn solche Mieter allein aufgrund ihrer Sesshaftigkeit privilegiert sind gegenüber allen, die sich auf einem abgegrasten Mietmarkt nach einer neuen Wohnung umsehen müssen? Axel Lehmann, München

Reiche können Steuern zahlen

Ich bin der Meinung, dass jemand, der zusammen mit seiner Schwester ein Mehrfamilienhaus im Wert von 8 Millionen Euro geerbt hat, auch Erbschaftsteuer zahlen sollte. Und ich bin der Meinung, dass diese im konkreten Fall eher zu niedrig als zu hoch ist. Sie liegt ja bei kaum mehr als 10 Prozent des geerbten Wertes. Das Erbschaftsteuerrecht strotzt bereits vor etlichen Ausnahmen, und die meisten Erben zahlen bereits heute, wenn sie es geschickter anstellen als das genannte Geschwisterpaar, recht wenig Erbschaftsteuer. Das Erbschaftsteuerrecht müsste aber doch so organisiert sein, dass es Generationengerechtigkeit schafft (siehe dazu auch das sehr lesenswerte Interview "Eine Zäsur, die viele Menschen verunsichert" vom 31. Oktober mit Peer Steinbrück in der SZ). Das Einzelfallglück der dort wohnenden Mieter (über den Zustand der Wohnungen und deren zum Beispiel ökologische Zukunftssicherheit wird leider wenig gesagt) sollte hier meines Erachtens in den Hintergrund treten. Es geht auch nicht um Gentrifizierung durch das Finanzamt. Das Finanzamt orientiert sich an den Preisen, die in Realität gezahlt werden. Die sind in echt teilweise noch höher. Wie groß wäre denn der Aufschrei, wenn man gerade jemandem entgegenkommt, der ein Haus im Wert von 8 Millionen erbt - ohne jede Gegenleistung, nur weil zwei Generationen vorher einer den richtigen Riecher hatte? Soll einem Millionenerben das Finanzamt auch noch entgegenkommen? Ist es denn das, was wir als gerecht empfinden würden?

Ich finde daher leider, dass Sie es sich in Ihrem Artikel zu einfach machen. Mieterschutz ist nicht alles auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft. Im Übrigen ist bei weitem nicht gesagt, dass die verlangten Mieten überhaupt besonders günstig sind, denn das hängt allemal vom Zustand des Hauses ab. Aber ich meine, dass eine sinnvolle generationengerechte Politik, zu der eine gerechte Erbschafts- und Schenkungssteuer gehört, nicht vom Einzelfallverhalten des Erbenden abhängen sollte. Auch die Schlupflöcher für Familienunternehmen sind doch weitestgehend Klientelpolitik. Wenn jemand einen Betrieb im Wert von 50 Millionen erbt, warum soll er dann nicht seinen Beitrag dafür leisten, dass er so reich beschenkt wurde? Es gäbe genügend kreative Wege, die Besteuerung so vorzunehmen, dass der Betrieb erhalten bleibt, etwa, indem man den Staat zum stillen Teilhaber des betroffenen Unternehmens macht. Leider blockiert das die Erben- und Mittelstandslobby.

Die Mietersicht ist leider nicht immer die, die zu einem gerechten Ergebnis führt... Konstantin Schallmoser, Paris

Gentrifizierung durchs Finanzamt

Ich habe die selben Erfahrungen gemacht wie Dr. Wolfgang Donhärl, als vor vier Jahren meine Mutter verstorben ist und ich zwei Mietshäuser im Münchener Westend und ein Mehrfamilienhaus in Pasing geerbt habe. Die Häuser sind seit Generationen im Familienbesitz, und auch wir haben Mieter, die seit ihrer Geburt über 50 Jahre in den Häusern wohnen. Dementsprechend habe ich auch Mieten, die unter 11 Euro liegen oder maximal 11 Euro erreichen. Die Erbschaftssteuer überstieg erheblich, was mein Steuerberater aufgrund der Mieten ausgerechnet hatte, und ich musste einen langlaufenden Kredit aufnehmen. Ich bin Universitätsprofessor und mein Gehalt reicht nicht, um den Kredit abzubezahlen, so dass die Instandhaltung der Häuser sich verzögert, weil die Mieten den Kredit bedienen müssen.

Dies alles mag ein Luxusproblem sein. Aber ich erziehe meine Tochter in dem Bewusstsein, dass Eigentum verpflichtet, wie dies im Grundgesetz steht. Dies bedeutet in meinen Augen, dass Mieten auch sozial verträglich sein müssen und nicht einfach das sein dürfen, was der freie Markt hergibt. Wie soll ich meine moralisch richtige Position gegenüber meiner Tochter rechtfertigen, wenn das Finanzamt unmoralische Maßstäbe ansetzt? Ich weiß schon jetzt, dass meine Tochter eines der Häuser verkaufen muss, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen, wenn ich sterbe. Ich bin mir bewusst über den Wohlstand meiner Familie und ich möchte mich nicht beklagen. Aber ich verstehe nicht, warum das Finanzamt die Erhöhung von Mieten praktisch von einem verlangt! Da hilft auch keine Mietpreisbremse mehr! Diese Vorgehensweise des Finanzamtes schädigt doch auf jeden Fall auch die schon arg gebeutelten Münchner Mieter. Prof. Josef A. Käs, Leipzig

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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